Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Giottds 
Schule. 
gleicht, bemerkt, dass, während diese nur darauf ausgegangen 
wären, die Augen der Unwissenden zu ergötzen, er damach ge- 
strebt habe, dem Verstande der Einsichtigen zu gefallen?) Es 
ist also nicht von einer äusserlichen Naturnachahmung , sondern 
von einer Darstellungsweise die Rede, welche das Innere, Geistige 
der Erscheinung zum Bewusstsein bringe. 
Am vollständigsten ergiebt sich das Verhältniss dieser Zeit 
zur Natur aus dem praktischen Verfahren der Maler, wie es An- 
drea Cennini in seinem schon erwähnten Tractate beschreibt und 
den Kunstbeliissenen empfiehlt. Im Allgemeinen erkennt auch er 
die Natur als die vorzüglichste Quelle der Kunst an und räth drin- 
gend, nach ihr zu zeichnen; dies sei der vollkommenste Führer, ja 
das Triumphthor (porta trionfal) der Kunst. Allein betrachtetman 
seine einzelnen Vorschriften näher, so geht er doch überall, statt 
von der Natur, von abstracten Regeln aus. Bei dem menschlichen 
Körper giebt er genaue Maassverhältnisse des männlichen, deren 
bedingte Anwendung er dann auch auf den weiblichen empfiehlt, 
weil keine Frau vollkommen richtiges Maass habe. Von den un- 
vernünftigen Thieren Will er nicht sprechen, denn da sei kein 
Maass und darum räth er, viel nach derNatur zu zeichnen, um dies 
zu erfahren. Die Studien der lebenden Natur finden also nur bei 
den untergeordneten Wesen statt, während bei den höheren die 
allerdings von der Natur abstrahirterl Regeln ausreichen. Und 
ähnlich verhält es sich bei leblosen Gegenständen; wo sich eine 
Regel finden lässt, ist diese maassgebend, und nur im Nothfalle 
lehnt man sich an ein natürliches Vorbild. Bei Bäumen räth er, 
Stamm und Zweige schwarz anzulegen und dann zuerst dieBlät- 
ter, demnächst die Früchte darauf zu setzen. Behufs der Ausfiih? 
rung von Bergen will er, dass einige grosse, nicht polirte Steine 
in der Werkstatt gehalten werden, nach denen man sich richte. 
Bei Gewändern ermahnt er zwar zu sorgfältigerliücksichtauf das 
Nackte, giebt aber für Licht und Schatten jeder Gewandfarbe nur 
drei verschiedene Töne. Ueberhaupt kennt er bei allen Farben 
nur drei Gradationen des Lichten und Dunkeln, so dass schon die 
technischen Mittel den Gedanken an die individuelle lilannigfaltig- 
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gli 
occhi 
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