Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Giotto 
aber dann der gute Joseph von bejahrtemBrautführer geleitet und 
hinter ihm unter einer Schaar von züchtigen, paarweis gehenden 
Mädchen die liebliche Braut, einsam, ohne Begleiterin zu ihrer 
Seite, festen Schrittes, als eine, die nur der inneren Gottesstimme 
folgt. Bei der Geburt und der Anbetung der Könige sind die 
Motive im Wesentlichen die bekannten, obgleich sehr schön und 
charakteristisch benutzt. Indessen kommen auch hier neue und 
überraschende Ziige von grosser Wirkung vor. S0 auf der Prä- 
sentation im Tempel, wo das Kind auf den Armen des greisen 
Simeon zwar ganz getrost sitzt, aber doch die Hand wie spielend 
der Mutter hinhält, die zärtlich und freudig die Arme nach ihm 
ausstreckt. Zu den ausgezeichuetesten dieser Gemälde gehört die 
Erweckung des Lazarus. Sie hat eine gewisse Verwandtschaft 
mit der berühmten Compositioil Rembrandfs, indem auch hier der 
Urheber des Wunders so gestellt ist, dass er sich in imponirender 
Weise sondert, nur dass der schlichte Vortrag Giottds bloss 
durch die Sache selbst, nicht durch das magische Spiel des Lich- 
tes wirkt. Auf der einen Seite des länglichen Bildraumes steht 
Christus auf erhöhtem Terrain, die mächtige Gestalt mit breiter 
Gewandung in ganz ruhiger Haltung, nur der Arm und die auf- 
gehobene Hand begleiten die Rede des geöffneten Mundes und 
bekräftigen das Gebot: Lazarus, k0mm' heraus! Hinter ihm zwei 
Jünger, beide an die wunderbare Kraft seines bVortes gewöhnt, 
der eine ältere nur beobachtend, der andere jüngere in lebendige- 
rer Spannung, mit dem aufgehobenen Finger der rechten Hand 
auf den Auferstehenden hindeutend. Während Christus mit die- 
sen Begleitern sich ruhig gegen die reine Luft absetzt, bildet auf 
der andern Seite der aufsteigende Berg mit dem Grabe den Hin- 
tergrund einer höchst bewegten Gruppe. Denn Während zwei 
Jünglinge den abgehobenen Deckel des Grabes bei Seite legen, 
steht der Verstorbene, von Tüchern umwickelt und mit abgema- 
gertem, leichenähnlichem Antlitze schon aufrecht, umgeben von 
einer Schaar von Männern, in denen sich die verschiedenstenEm- 
piindungen malen. Ein furehtsamer Greis hält sich bedenklich 
zurück und bedeckt den Mrmd, um nicht den Modergeruch einzu- 
athmen, eine kräftigere Gestalt, zwar auch noch vorsichtig ver- 
hüllt, unterstützt schon den Erweckten, den ein Dritter, anscheinend
	        
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