in
der
Arena
ZU
Padua.
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in Worten abgelesen werden könne. Er spricht mehr zum Ver-
stande und zur Phantasie, als zu den Sinnen, er will erzählen.
Aber er erzählt. unendlich besser, als seine Vorgänger; wenn
diese sich mit einer trockenen, zur Wiedererkennung des 'l'extes
ausreichenden Darstellung begnügten, glaubt er auf' die sittliche
Bedeutung des Herganges eingehen, nicht bloss übersetzen, son-
dern auch erklären zu müssen. Er denkt sich den Beschauer
nähere Fragen nach den Empfindungen und Absichten der han-
delnden Personen stellend und kommt diesen Fragen zuvor; er
spricht ausdrücklich aus, was er im Texte zwischen den Zeilen
las. Er glaubt Missverständnissen, welche die bildliche Darstel-
lung erregen könnte, begegnen, die Betonung der Vortragenden
Stimme, die dem bildlichen Vortrage fehlt, durch andere Mittel
ersetzen zu müssen. Das apokryphe Protevangeliilm, dem er
folgt, erzählt einfach, dass dem Joachim, der vor Scham über die
ihm als Kinderlosen zugefügte Schmach in die Wüste zu den
Hirten geflohen war, im Traume der Engel erschien, der ihm.
Rückkehr gebot. Giotto stellt neben den Schlafenden und den
Engel die Hirten mit der Heerde dar, um durch ihre Gleichgültig-
keit anschaulich zu machen, dass jener Engel eine innere, ihnen
unsichtbare Erscheinung ist. Bei der Begegnung in der goldenen
Pforte genügt ihm, um die Bedeutung dieses Wiederfindens und
dieser Umarmung anschaulich zu machen, nicht derAusdruck des
Staunens bei den Frauen, welche der h. Anna folgen, er hat viel-
mehr auch eine Fremde hinzugefügt, die ihnen einen fragenden
Blick zuwirft und so den Beschauer nöthigt, sich Rechenschaft zu
geben. Bei dem Moment, wo die kleine Maria mit wunderbarer
Entschiedenheit zum Tempel hinaufsteigt, überlegte er, dass das
Kind doch ein Gefühl von Bangigkeit haben müsse, und zeigt
"dies. dadurch, dass die Mutter ihr sorgsam nachgeht und sich ihr
zu helfen bereitet. Die Verlobung ist mit allen den Zügen ausge-
Stattet, die auch später dabei wiederholt wurden; der Zorn der
Freier, die ihre Gerten zerbrechen, die ehrenfeste Haltung Josephs,
der Liebreiz der demüthigen Braut, sind vortrefflich ausgedrückt.
Aber um das ungewöhnliche Verhältniss dieses Brautpaares an-
schaulich zu machen, fügt er noch denHochzeitszug nachJosephs
Hause hinzu. Es geht ganz lustig her, Pfeifer und Geiger voran,