Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Italienische 
Plastik. 
in Rom, Civitä Castellana, und endlich in Orvieto, hier namentlich 
Sculpturen für die Facade des Doms, gearbeitet haben, was denn 
auch durch den Styl dieser Sculpturen unterstützt wird i). Im 
Jahre 1300 war er in Prato mit der Erweiterung des Doms und 
mit einigen plastischen Arbeiten beschäftigt; im Jahre 1301 voll- 
endete er laut Inschrift die Kanzel in S. Andrea von Pistoja, dem- 
nächst eine Gruppe von drei weiblichen Gestalten, welche das 
Weibwasserbecken tragen, in S. Giovanni fuorcivitas daselbst. 
Bald darauf muss die liebliche Madonna über dem südlichen 
Seitenportale in S. Maria del iiore zu Florenz entstanden sein. 
Nach dem Tode des Papstes Benedict XI. im Jahre 1304 begann 
er das Grabmal desselben in S.Domenico zu Perugia, auch wurde 
zugleich an der ihm schon 1302 übertragenen, 1311 beendeten 
Kanzel für den Dom zu Pisa gearbeitet, deren Wenig befriedigende 
Sculpturen sein letztes bekanntes Werk sind. Er starb 1320 ist). 
Schon dieser Lebensumriss zeigt ihn als einen sehr thätigen, 
gesuchten Meister, bei dem es aber zweifelhaft ist, ob er mehr 
Plastiker oder mehr Baumeister war, und der mehrere Arbeiten 
zugleich übernahm , sich also im Weiten Umfange fremder Hülfe 
bediente. Und dies beweisen auch seine Werke selbst; sie lassen 
durchweg mehrere Hände und ungleiche Behandlung erkennen, 
aber derselbe Geist ist allen gemein, und man glaubt zu bemerken, 
i") Als Baumeister trat er, wie die Geschichte dieses Doms oben S. 197 
ergiebt, hier nicht auf, und in den Urkunden von Orvieto ist sein Name  
nicht gefunden, aber die Sculpturen der Facade sind im Wesentlichen gleichen 
Geistes und seinen sonstigen Werken so sehr verwandt, dass man nicht 
Anstand nehmen kann, sie ihm oder doch seiner Erfindung und Leitung 
zuzuschreiben. 
w] Auf dem Grabmale des Enrico Scrovegrli in der Kirche der Arena 
zu Padua nennt sich der Verfertiger: "Johannes magistri Nicoli" (nicht wie 
man früher las: "Jacobus magistri Ricoli"). Indessen wage ich nicht, es 
mit Förster (Kunstbl. 1837. S. 354) u. A. unserm Giovanni Pisano zuzu- 
schreiben. Es ist seiner zwar nicht gerade unwürdig und dem Pisaner 
Style verwandt, aber mehr dem späteren, durch Andrea Pisano ausgebildeten, 
als dem des Giovanni. Dazu kommt dann, dass beide, Giovanni Pisano 
und Enrico Scrovegni in demselben Jahre 1320 starben, jener etwa 70 Jahre 
alt, dieser ausserhalb Padua's in der Verbannung, so dass eine Anfertigung 
vor seinem Tode nicht wahrscheinlich ist, die nach demselben aber nicht 
durch Giovanni erfolgt sein könnte. Auch würde Giovanni bei diesem ent- 
fernten Werke gewiss seine Vaterstadt genannt haben.
	        
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