Der erste, der dies versuchte, war ein älterer Zeitgenosse
des Duccio, nicht ein Maler, sondern ein Bilduer, Giovanni
Pisano, der Sohn des grossen Erneuerers der Sculptur, des
Niccolö Pisano. Sein Geburtsjahr ist uns nicht überliefert, muss
aber um 1250 fallen, da er in dem von seinem Vater im Jahre 1266
geschlossenen Contracte über die füraden Dom von Siena zu fer-
tigende Kanzel schon, aber augenscheinlich noch als sehr junger
Bursche, vorkommt. Es wird seinem Vater nur gestattet, ihn
ausser der vorgeschriebenen Zahl von Gesellen zur Arbeit mitzu-
bringen, und er bekommt nur zwei Drittel des Gesellenlolines.
Dann finden wir ihn erst 1277 wieder, wo er, wie es scheint
schon als berühmter .Meister, mit seinem alten Vater am Brunnen
zu Perugia arbeitete. 1'278 beginnt er den Bau des Campo santo
von Pisa, der ihn nach V asarPs nicht unwahrscheinlicherAngabe
bis 1283 daselbst fesselte. Ob er, wie dieser angiebt, noch in
demselben Jahre nach Neapel gegangen sei, .um daselbst mehrere
Bauten in Gang zu bringen, ist zweifelhaft k). Jedenfalls erhielt
er 1284 in Siena, wo wir ihn dann noch in den Jahren 1290 und
1295 als Dombaumeister iinrleniii), das Biirgerrecht und lebens-
längliche Abgabenfreiheit, so dass er wohl schon früher daselbst
sich um den Dom, wahrscheinlich um die Facade, Verdienste er-
werben haben wird. Während dieser Zeit unternahm er aber auch
auswärtige Arbeiten , namentlich 1286 den reich mit Sculpturen
geschmückten Hauptaltar des Domes von Arezzo und einige Bau-
ten daselbst. Von Siena aus soll er, und zwar mit einigen deut-
Scheu Bildhauerin, die unter ihm gelernt, für Papst Bonifaz VIII.
m) NachVasarfs eigenen Angaben bleibt für die Anwesenheit in Neapel
Zwischen dem Bau des Campo santo und dem der Facade von Siena kaum
Zeit. Jedenfalls ist diese Reise durch keine anderen Beweise bestätigt. Auf
diese Anwesenheit in Neapel allein stützt sich aber die Vermuthung, welche
auch Gaye (im Kunstbl. 1839. S. 248] theilt, dass unser Giovanni der nicht
weiter bezeichnete "Pisanus" sei, von dem eine Inschrift am bischöflichen
Palaste in Rieti (im Kirchenstaate an der Grenze des Neapolitanischen)
erzählt, dass er den Bau im J. 1283 angefangen habe.
M) Milanesi a. a. O. S. 161. Die Geldstrafen, welche ihm im J. 1290
erlassen werden, weil er "dem Dombau sehr nützlich und nothwendig sei
und weil ohne ihn dies von ihm begonnene Werk nicht wohl vollendet
werden könne", wird er wahrscheinlich durch sein Ausbleiben über die
comfaßtmässige oder bewilligte Frist verwirkt haben.
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