Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Giovanni 
Pisano 
und 
Giotto. 
Wichtiger als seine Theorie ist uns sein eigenes praktisches 
Verhalten gegen die Natur in seinen Schilderungen und Gleich- 
nissen. Zirnärhst ist dabei auf einen merkwürdigen Unterschied 
zwischen ihm und seinen sämmtlichen poetischen Vorgängern, 
ohne alle Ausnahme, aufmerksam zu machen. Diese, selbst die 
ihm der Zeit nach nächsten und von ihm als seine Meister ge- 
rühmten, nehmen wie alle vorhergegangenen mittelalterlichen 
Dichter ihre Vergleiche entweder aus dem allgemeinen metapho- 
rischen Vorrathe aller Völker, von Feuer, Wasser, Luft, Bäumen, 
Gras u. s. w., oder aus dem Reiche des Wunderbaren, besonders 
aus der Thierfabel Der Salamander, der im Feuer lebt, der Basi- 
lisk, dessen Anblick tödtet, der Panther, welcher der Sage nach 
durch seinen lieblichen Duft und das Leuchten seines Felles alle 
Thiere anzieht u. s. f., das sind die Gegenstände, mit welchen 
diese Dichter sich selbst als Liebende, ihre Geliebte und den Amor 
vergleichen. Dante hat diesen ganzen Apparat augenscheinlich 
bewusster Weise verschmähet; nur der Phönix kommt ein Mal 
vor, und zwar das bei einer Höllenstrafe, für die in der wirklichen 
Natur kein Gleichniss zu finden war. Selbst der Löwe scheint ihm 
zu fremdartig gewesen zu sein; er braucht ihn nur als allegorische 
Figur in hergebrachter Bedeutung oder in kurzer liletapherg). 
Alle andern überaus zahlreichen Thierbilder sind von einheimischen 
Thieren genommen, dann aber mit höchster Anschaulichkeit, offen- 
bar nach eigner, frischester Beobachtung ausgeführt, und so 
vollständig, als ob es darauf angekommen wäre, die ganze ita- 
lienische Thierwelt zu erschöpfen. Fast eben so vollständig sind 
die Bilder der bewegten Natur und der Himmelserscheinungen. 
Sonnenuntergang, Miltagshitze, Sternenhelle, der Hof des Mon- 
des, die Milclistrasse, der Regenbogen, sogar seine Verdoppe- 
lung, Sonnenstäubchen, Sternschnuppen, Blitz, Nebel, die theil- 
Weise Beleuchtung der Landschaft bei halbbedecktem Himmel, 
Ebbe und Fluth, der stürzende Waldbach, der Sturm, die Wie- 
derbelebung der Blumen nach dem Nachtfroste durch die Sonnen- 
strahlen u. s. w. werden anschaulich geschildert. 
Nicht minder zahlreich sind die Vergleiche aus dem Gebiete 
des sittlichen und bürgerlichen Lebens; Kriegs bilder, wie sich 
4') Pnrg. VI. 64, wo Sordello "wie ein ruhender Löwe" um sich blickt.
	        
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