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Italien
im
XIII.
Jahrhundert.
setzte man bei allgemeinen Steuern die zur Ausschreibung der-
selben berufene Commission aus Mitgliedern beider Parteien
zusammen, damit jeder von seinen Genossen geschätzt werde.
In Modena bedrohte man sogar am Ende des zwölften Jahrhun-
derts, da die Stadt sich guelüsch hielt, denjenigen mit Strafe,
welcher gewisse Aemter annehme, ohne zur gueliischen Partei
zu gehören Natürlich konnte dabei nicht von Gesinnung die
Rede sein, die kaum nachweisbar gewesen wäre, sondern nur
von einer officiellen Erklärung, welche das Schicksal dessen, der
,.sie abgegeben, an die Interessen der Partei band.
Betrachtet man das beständige Wogen dieser innern und
äussern Kämpfe, die kleinlichen, oft dnnkeln Ursachen der Streitig-
keiten, den steten Wechsel von Bündnissen, Verträgen und Ver-
fassungen, dabei die Leidenschaftlichkeit, Ungerechtigkeit, ja oft
barbarische Grausamkeit der Streitendeil, so scheint dies auf Zu-
stände zu deuten, die von jener frühem Anarchie sich wenig
unterscheiden. Allein bei näherem Hinblick sind sie keineswegs
so schlimm. Die Kriege sind weder sehr blutig noch sehr ver-
heerend, die inneren Unruhen vorübergehende Störungen, die
meistens nur einzelne Personen oder Klassen treffen, und übrigens
sind die Verhältnisse so wohl geordnet, dass sie nach solchen
Erschütterungen sich sogleich herstellen, der Verkehr fast un-
unterbrochen seine sichern Wege geht, und Wohlstand und
geistige Bildung fortwährend steigen. Schon während der Kreuz-
züge im XII. Jahrhundert gaben deutsche, französische, englische
Schriftsteller den Italienern das Lob der Klugheit, Vorsicht,
ltlässigung vor den andern abendländischen Nationen und hielten
sie für den Verkehr mit den Orientalen und für alle vorbereitenden
Maassregeln dem Heere unentbehrlich. Und diese Klugheit be-
währten sie auch weiterhin im Handel, sie wussten nicht bloss
die Vortheile, welche ihre geographische Stellung ihnen bot,
vollständig auszubeuten, sondern sie wurden sehr frühe die Ban-
qniers für das ganze Abendland und die einzigen, Welche Geld-
geschäfte im Grossen trieben.
Auch in Beziehung auf innere Regierung ist es ausser Zwei-
fel, dass sie den übrigen Abendländern weit vorausgingen, nicht
m) Muratori, Diss. 46.