Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Anfänge 
italienischer 
Malerei. 
ihrem ganzen Gedankeninhalt und mit allen Einzelheiten], die das 
Gefühl anregen könnten. Dies ist denn auch in bewundernswür- 
diger Weise gelungen; ungeachtet des grossen Figur-anreich- 
thums ist keine Miene, keine Bewegung ohne Bedeutung und 
Ausdruck. Die Localität ist überall zwar mit der Leichtigkeit, 
Welche dem Zwecke geistigen Vortrags entspricht, aber übrigens 
genau angedeutet, bei den Hergätigen im Innern durch stets 
wechselnde, aber doch correspondirende Architektur, bei denen 
im Freien durch Berglinien und einige Bäume. Auf dem Bilde 
des Einzugs sieht" man, wie der Bewohner von Siena es bei dem 
hügeligen Terrain seiner Stadt gewohnt war, über die Mauern 
fort, auf Gärten, Häuser und den Tempel, der durch ein ausge- 
bildetes gothisches Gebäude repräsentirt ist. Auch bei den Neben- 
{iguren fehlt es nicht an naiven, dem Leben entnommenen Zügen. 
So sind auf eben diesem Bilde Knaben auf die Bäume geklettert, 
welche den Untenstehenden Zweige reichen, um sie auf den Weg 
des Herrn zu streuen, während wir daneben an einem andern 
Baume die Rückenfigur eines Burschen sehen, der mit aller An- 
strengung hinauf klettert. Den Hergängen vor dem Hohenpriester, 
Pilatus und Herodes sind nicht weniger als zehn Bilder gewid- 
met, die auf den ersten Blick monoton scheinen, aber bei näherem 
Eingehen eine Fülle von verschiedenen Beziehungen und Gedanken 
aussprechen und recht in das Einzelne der Leidensgeschichte ein- 
führen. Ausgezeichnet durch sprechende Bewegungen ist die 
Fusswaschung, wo, während Petrus die eine lland abwehrend 
vorstreckt und die andre wie verzweifelnd an den Kopf legt, zwei 
jüngere Apostel in wirklich bewundernswerther Anmuth bereits 
ihre Sandalen lösen, die andern Jünger aber mit mannigfaltigen 
Mienen der Bedenklichkeit noch zweifelnd dastehen. Die Scene 
auf Gethsemane ist zu besserer Eindringlichkeit auf demselben 
Bilde in drei Momenten entwickelt, unten zur Linken des Be- 
schauers die Mehrzahl der Apostel in festem Schlafe in den na- 
türlichsten Lagen, dann die bekümmerte Rede des Herrn zu seinen 
drei Vertrauten, bei der diese, namentlich der jugendliche Johan- 
nes, augenscheinlich mühsam ihre schlaftrunkenen Augen offen 
halten, endlich oben rechts der Heiland in seinem Seelenkampfe 
mit dem nahenden Engel. In Beziehung auf dramatische Leben-
	        
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