Guelfen
und
Ghibellinxexl.
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schlossen sie sich ganz von selbst durch das Bedürfniss der Unter-ß
Stützung zu zwei Gruppen zusammen, die dann wieder vermöge
jener Parteinamen bei Auswärtigen Hülfe suchten f). Daher
kommt es auch, dass die Parteistellung gar nicht oder äusscrst
wenig von individuellen Gesinnungen abhängt und also nicht mit
den Generationen wechselt; sie ist völlig das, was man bei neuern
Staaten eine erbliche oder natürliche Politik nennt. Wohl aber
trat ein vorübergehender Wechsel ein, wenn sich ein Mal die In-
teressen änderten. Eine Stadt geht zur andern Partei über, wenn
die derselben angehörigen, bisher unterdrückten Familien zur Ge-
walt kommen, und eine gueltische Familie, Welche durch die
Unterstützung dieser Partei zur factischen Alleinherrschaft in der
Stadt gekommen ist, bedarf der kaiserlichen Bestätigung und
Wird deshalb ghibellinisch. Bei einer streitigen Kaiserwahl ist
jedes Mal der eine der Prätendenten guelfisch, Während der Papst
ghibellinisch wird, wenn das Oberhaupt der gnelfischen Partei
ihm gefährlich scheint. Aber alle solche Abweichungen sind nur-
vorübergehend und man lenkt bald wieder dahin ein, wohin das
bleibende Interesse führt. Jene Parteinamen sind also eigentlich
nur der Ausdruck des allgemeinen Parteitreibens, sie sind nur ein
Mittel, die Einzelinteressen auf eine Regel, auf einen einfachen
Dualismus zurückzuführen und so übersichtlicher zu machen.
Häufig wurde es in den Städten vorgeschrieben, dass jeder Bürger
sich für eine beider Parteien erklären müsse, was schon deshalb
nöthig war, da oft Rechte und Verpflichtungen gradezu an die
Parteistellung geknüpft waren. In 'l'oscana war die Unterschei-
dung dadurch erleichtert, dass die im Ganzen hier überwiegende
gnelfische Partei eine anerkannte Corporation bildete, deren Mit-
glieder Beiträge zu einer gemeinschaftlichen Kasse zahlten, und
sich durch Kleidung und Haartracht, ja selbst durch die Art, wie
sie das Brod schnitten, von ihren Gegnern unterschieden. Aber
auch sonst War die Parteistellung etwas Offenes und Thatsäch-
liches. Häulig legt die zur Herrschaft gelangte Partei den An-
hängern der andern eine besondere Steuer auf, und fast immer
3') In dem kleinen Städtchen S. Gimignano sind nur zwei grosse, durch
Reichthum und Einüuss wetteifernde_Familien vorhanden, aber auch sie theilen
sich in diese Parteinamen.
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