Baptisterium
Zll
Parmn.
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bloss durch die Gegenstände, sondern auch durch die Dauer der
Arbeit erklärt werden musst). Jene oberen Gestalten erinnern
noch wesentlich an die Mosaiken des altchristlichen Styles. Sie
sind mit starken dunkeln Umrissen gezeichnet, die Gewäudgr
breit und voll und ohne die ängstliche Häufung der Falten, die
Haltung ist knapp und statuarisch. Besonders grossartig und
schön sind Maria und die beiden Könige David und Salomon,
namentlich der letzte, der jugendlich, mit kleinem Munde, hoch-
geschwungeilerl Augenbrauen und schönem Oval des Gesichts, in
weitem schwerem Prachtgesvande die Poesie eines orientalischen
Fürsten sehr lebendig vcrgegenwärtigt. Diese Könige und dann
der Prophet Daniel, der auch hier mit blossem Haupte, kurzer
Tunica und nacktem Beine erscheint, gleichen einigermaasserl den
gleichnamigen Gestalten der Kuppel in der Marcuskirche zu
Venedig M). Auch in den darauf folgenden historischen l)arstel-
lnngerl aus der Geschichte Johannes des Täufers herrscht noch
eine antikisirende Richtung, wie denn auch bei der Taufe Christi
im Wasser des Jordan der Flussgott erscheint. Dabei aber sind
sie voll von dramatischem, selbst leidenschaftlichem Leben, das
zuweilen, bei der unznlänglichen Körperkenntniss des Malers,
übertrieben erscheint. Nicht bloss der Henker, welcher den ge-
fangenen Johannes aus dem Kerker reisst, und der, welcher ihm
das Haupt abschlägt, sondern auch die Jünger, welche dem
Johannes in die VVüste folgen, die Engel, welche Botschaften
bringen, die Blinden und Lahmen, auf welche Christus die fragen-
den Johannesjünger hinweist, sind in heftigster Bewegung. In-
dessen fehlt es auch nicht an zarteren Ziigen; die Demuth der
'l'äuflinge des Johannes und der jungfräuliche Gang einer weib-
lichen Gestalt beim Mahle des Herodes (es scheint nicht die tan-
Ü Der bekannte Localforscher von Parma, Padre Atfö, hat Nachrichten
über Malereien, die im Jahre 1279 und H82 im Baptisterium ausgeführt
sind, gefunden, indessen steht dies bei dem grossen Umfange des Werks
einem sehr viel frühem Anfange nicht entgegen. Rosini I. p. 206.
Die nähere Vergleichung, zu der ich bei meinen Besuchen beider
Städte nicht gelangte, ist wiinschenswerth. Fr. K., der im Kunstblatt 1827
S- 26 ff. die Gemälde aus der Geschichte Johannes des Täufers ausführlich
beschreibt, hat jene obern Reihen (anscheinend wegen ungünstigen Lichtes)
nicht genau gewürdigt.