Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Griechische 
Manier. 
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Ausdruck und ohne Andeutung eines bestimmten Momentesß). 
Ohne Zweifel war diese Mattigkeit nur eine Folge des Unver- 
mögens und als nun die wachsende individuelle Frömmigkeit das 
Bedürfniss der Tafelbilder und das eines lyrisch ergreifenden 
Augenblicks steigerte, fing man an nach Mitteln kräftigerer 
Darstellung zu suchen. Einen Beweis dieses Bestrebens geben 
zwei, jetzt in der Akademie zu Siena befindliche Tafeln, eine 
thronende Madonna mit Engeln, früher in der casa di S. Ansanoßi"), 
und ein Christus in der Gloria mit den Evangelistenzeichen und 
einigen kleinen historischen Darstellungen, früher in S. Salvatore, 
dieser laut Inschrift vom Jahre 1215, Welche beide die Eigen- 
thümlichkeit haben, dass die beiden I-lauptliguren, Christus und 
Maria, nicht bloss gemalt, sondern in flachem Relief dargestellt 
sind. Da auch die gemalten Nebengestalten und kleinem Darstel- 
lungen, obgleich in den harten Umrissen, den kurzen und plumpen 
Figuren und in der matten Farbe noch jenen ältern Bildern ähn- 
lich, doch etwas weicher modellirt sind, und eben jene Hauptge- 
stalten ein ungewöhnliches Gefühl für Schönheit und Würde 
erkennen lassen, wird man auch in jener Verbindung des Reliefs 
mit der Malerei nur ein freilich rohes Mittel sehn dürfen, durch 
welches der Maler eine weichere Rundung zu erreichen suchte, 
als seine Farbenmischung und Malweise ihm gestattete. 
Die 'l'echnik war daher hinter den Bedürfnissen des Gefühls 
 Rurnohr (I. 278 und 281), der sonst alle Aenderungen so gern aus 
technischen Gründen erklärt, glaubt hier in der Verschiedenheit dieser rein 
italienischen von den spätem byzantinisirenden Orucifixen einen geistigen 
Gegensatz zu entdecken, indem der ruhigeren Haltung dieser ältern Bilder 
eine edlere Auffassung, nämlich "die Idee des Sieges des Geistigen über das 
Körperliche", zum Grunde liege, während die Griechen, an den Anblick 
grausamer Leibesstrafen gewöhnt, den Heiland am Kreuze mit Todesqualen 
ringend, also mit der ganzen Schwere des Leibes herabhängend, den Unter- 
leib geschwellt und die erschlafften Kniee ausgebogen, das Haupt schmerzvoll 
gesenkt, gedacht hätten. Allein wenn dem so wäre, würden die Italiener 
vermöge ihrer edleren Auffassung diese hyzantinisvhe Vorstellung als un- 
würdig verworfen haben. Dass sie dieselbe sich (und zwar wie die häufige 
Wiederholung dieser leidenden Gestalt beweist) mit Begierde aneigneten, 
beweist, dass die frühere ruhigere Auffassung ihnen als etwas Geringeres, 
weniger Lebensvolles erschien. 
H] Aginc. Tab. Q6 Nro. 29.
	        
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