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Italien
im
XIII.
Jahrhundert.
die höhere Begabung der Nation, welche die Unterschiede der Er-
ziehung geringer erscheinen liess, und die grössere Oeffetitliclt-
keit des Lebens, trugen dazu bei, die Stände einander zu nähern,
und die Bürger, die mit dem Adel in den Schlachten fechten und
in den Bathsversammltitigen tagten, begannen bald, sich auch
geistig ihm gleichzustellen und Begriife von persönlicher Ehre
und Würde anzunehmen, die den Seinigen nicht viel tiachstatiden.
Der Nimbus, welcher den Adel in den nordischen Ländern um-
gab, fiel daher hier grossentheils fort; während dort die Bürger,
selbst der reichsten und mächtigsten Städte, dem ritterlichen Land-
adel gegenüber immer den Vortheil seiner freieren Stellung und
ihre Abhängigkeit von materiellen Interessen empfanden und sich
daher in einer unbehaglichetl Unterordnung fühlten, waren hier
beide Stände durch das republikanische Gefühl der 'l'lteilnahme an
einem mächtigen, gebildeten oder mit irgend welchen Wahren oder
vermeintlichen Vorzügen ausgestatteten Gemeinwesen vereinigt.
Es bildete sich dadurch bei den Italienern eine Sinnesweise, die
man Wohl eine aristokratische nennen kann; ihr Wohlgefallen an
dem Ausgezeichneten und Herrorragettdeu ist. so gross, dass sie,
wenn sie nicht selbst eine solche Stellung haben, schon mit dem
bescheidenen Antheil zufrieden sind, den ihre Mitbürgerschaft
ihnen giebt, und daher wie andere Vorzüge ihrer Commune, so
auch den Reichthurn, die Ehren und Würden und die glänzende
Lebensweise ihrer vornehmen Mitbürger mit einem gewissen
Stolze betrachten. Dies gewissermasseti ästhetische Wohlge-
fallen war dann aber freilich nicht stark genug, um den Regungen
des Eigennutzes und des N eides dauernden YViderstand zu leisten
und einen Kampf der Stände bleibend zu verhüten.
Ueberall waren attfatigs dieYerfassungen mehr aristokra-
tisch. Je mehr aber die Gewerbe blüheten und aus ihnen reiche
Familien hervorgingett, welche mit dem Adel wetteifertelt, je mehr
dann auch die Zünfte sich der Macht bewusst wurden, welche
ihnen die grosse Zahl und das Gesammtvermögen ihrer Mitglieder
gab, um so mehr stieg bei diesen Klassen der Wunsch nach
Theilnalttne an der Gewalt. Die Verfassung wurde daher in den
meisten Städten im demokratischen Sinne reformirtr). An Füh-
Man nannte dies mit einem feststehenden Worte: fare popolo.