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Anfänge
italienischer
Sculptur.
die sieben freien Künste nebst der Philosophie, Helden des alten
Testaments, Romulus und Remus nebst ihrer Mutter und der
Wölfin, Thierbilder aus äsopischen Fabeln, endlich Wappen, der
Guelfische Löwe, der Greif von Perugia, und zwei Mal der Adler
voirPisa, offenbar eine Concession, die man den Bildnern gemacht;
auch liest man an einem dieser Adler den Namen des Johannes.
Darüber stehn in Nischen 24 Statuetten, wiederum sehr gemischter
Bedeutung, heilige und alttestamentarische Gestalten mit städti-
schen Wohlthätern und den beiden Podeste, welche während der
Arbeit die Stadt regierten. Alle diese Sculpturen haben zwar
durch Erdbeben und andre Schicksale bedeutend gelitten und
starke Reparaturen erhalten, lassen aber doch noch den Charakter
erkennen, der sich zwar im Allgemeinen dem der andern Werke
Niccolöis anschliesst, aber nicht specielle antike Beminiscenzen
und nicht die Ueberfüllung hat wie die Arbeiten an den Kanzeln
von Pisa und Siena, vielmehr eine schlichtere Haltung und eine
gewisse behagliche Breite zeigt.
Der grosse Abstand zwischen Niccolö und seinen unmittel-
baren Vorgängern in Pisa ruft die Frage hervor, was ihm die
Kraft dieses Aufschwunges gegeben und man hat nach gewohn-
ter Weise sich auch hier durch die Annahme zu helfen gesucht,
dass er von auswärtigen Künstlern gelernt habe. Vasari lässt ihn,
seiner allgemeinen Hypothese gemäss, zuerst unter griechischen
Meistern arbeiten; allein die Anwesenheit griechischer Steinarbei-
ter ist höchst unwahrscheinlich?) und jedenfalls War von ihnen
nicht viel zu lernen, da in Byzanz die höhere Plastik längst er-
loschen war. Neuere deutsche Schriftsteller haben dagegen einen
Einfluss deutscher Bildner auf Niccolö annehmen zu dürfen
geglaubt. In der That giebt Vusari selbst dazu Veranlassung,
indem er an einer andern Stelle erzählt, dass in Folge {gewisser
Streitigkeiten zwischen Kaiser Friedrich und der Stadt Mailand
i?) Wir kennen keinen Fall, wo sie erwiesen ist. Wenn der Magister
Jacobus de Oandia, welcher sich nebst seinem Bruder an einem Gurtbogen
von S. Pietro in cielo d'oro zu Pavia nennt, wirklich aus der Insel Candia.
sein sollte, und nicht aus irgend einem unbekannten Oertchen der Alpen,
dessen Namen er so latinisirte, so ist er doch wahrscheinlich ein ganz ver-
einzelter Maurer.