Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Niccolö 
Pisano. 
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Von dem grossen Grabmonumente des h. Domiuicus 
in Bologna gehört unserm Meister nur die eigentliche Urne; der 
obere Aufsatz und die ebenfalls mit Reliefs verzierte Basis Wur- 
den erst im XV. und XVI. Jahrhundert ausgeführt. Und auch 
jene Urne führte Niccolb nicht allein aus, sondern gemeinschaft- 
lich mit seinem Schüler, dem Dominicaner Fra Guglielmo Agnelli 
aus Pisaiß), welchem die Reliefs auf der Rückseite des Sarko- 
Beiträge S. 28 ff. Abbildungen bei Agincourt Sc. Taf. 32 und einzelne Theile 
bei Oicognara tab. 12-16. 
a) E. Förster, welcher a. a. 0. S. 15 d. ohne urkundliche Gründe, seinem 
Stylgefühle folgend, die Arca nicht bloss dem Jahre 1225, sondern auch 
dem Niccolö Pisano absprach und sie für das Werk eines seiner Schüler 
um 1270 erklärte, glaubt diese Ansicht auch noch jetzt nach Entdeckung 
der obenerwähnten Chronik des Pisanischen Klosters S. Gaterina aufrecht 
halten und sogar durch die Worte dieser Chronik beweisen zu können. Diese 
erwähnt jenes Grabmals deshalb so ausführlich, weil Fra Guglielmo, der 
diesem Kloster angehörte, bei der Uebertragung des Leichnams einen frommen 
Diebstahl an einer Rippe des Heiligen beging, und leitet dies mit folgenden 
Worten ein: Hie (frater Guilielmus] cum beati Dominici corpus in solemp- 
niori tumulo levaretur, quem sculpserant Magistri Nichole de Pisis  
Policretior manu, sociatus dicto architectori, clam unam de costis  
extorsit, etc. Förster will nun (Kunstblatt 1845, S. 387] die Worte: Magistri 
Nichole de Pisis durch „die Meister aus der Werkstatt des Nichola" über- 
setzen. Allein offenbar mit Unrecht. Es kommt zwar wohl vor, wenigstens 
bei Malern (Milanesi, Documenti I. p. 304 und 307], dass zwei Künstler 
ein Oompagniegeschäft errichten (societatem et compagniam artis pictoriae), 
und dass dabei der eine die Werkstätte mit Zubehör hergiebt, wo es denn 
möglich wäre, dass diese zwei als Magistri mit dem Namen des Werkstatt- 
inhabers bezeichnet worden wären. Allein dieser Sprachgebrauch ist schon 
an und für sich unwahrscheinlich, und jedenfalls fand bei Niccolö, wie 
der Contract mit der Domverwaltung von Siena beweist, ein solches Ver- 
hältniss nicht statt; er hatte in seiner Werkstatt zwar tüchtige Gesellen, 
deren Mitwirkung namentlich stipulirt wurde, aber keine Magistri. Sodann 
aber steht der weitere Text des Satzes, namentlich der Singular: Policretior 
manu und sooiatus dicto architectori, jener Auslegung entgegen, und 
Zeigt, dass hier ein Schreibfehler untergelaufen ist. Bonaini und Marchese 
beziehen das sociatus auf Guglielmo, den architector auf Niccolä. Es dürfte 
aber umgekehrt sein, wodurch sich der Satz und der vorgekommene Irrthum 
noch viel leichter erklärt. Der Verfasser der Chronik, welcher im vorher- 
gehenden Satze den Guglielmo zwar als "scultura peritus" bezeichnet, aber 
doch von seinen Bauten am Kloster gesprochen hatte, wollte nun, indem er 
auf den Reliquiendiebstahl überging, die Beziehung des Guglielmo zu dem
	        
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