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Anfänge
italienischer
Sculptur.
Bacchus auf einen nackten Faunknaben. Auch hier aber ist nur
das Motiv entlehnt, denn grade dieser Hohepriester ist eine der
schwerfalligsten Gestalten dieser Reliefs, mit krausem Barte und
einer Ueberfülle des Gewandstoffes und der Falten, weit entfernt
von den einfach fliessenden Linien und der schlanken Haltung des
griechischen Urbildes. Bei den beiden andern Reliefs, der Kreu-
zigung und dem jüngsten Gerichte, ist die Neigung bemerkens-
werth, die Strenge christlicher Vorstellungen zu mildern; auf der
Kreuzigung ist auch dem bösen Schächer nicht ein Teufel beige-
geben, der seine Seele fortführt, sondern ein Engel, der ihr den
Weg des Himmels versagt, und bei den Verdammten nehmen die
bösen Geister eine satyrähnliche Gestalt an, ja der eine derselben,
ein Zwerg mit kolossalem, missgestaltetem Kopfe und gewaltig
geöffnetem Munde, ist augenscheinlich der in antiken Denkmälern
oft vorkommenden Darstellung eines Knaben mit vorgehaltener ko-
mischer Maske nachgebildet. Auf der Kreuzigung ist Christus
selbst schön und edel, dagegen fallt an manchen N ebengestalten der
verfehlte Ausdruck und die Unbeholfenheit in der Bewegung, und
auf dem jüngsten Gerichte der Mangel eines ordnenden Princips,
die Ueberfüllung mit kleinen Gestalten und der Contrast bewegter
Scenen mit der ziemlich trockenen Regelmässigkeit der Heiligen
und Seligen auf. Bei den 'l'ugeuden, die als Statuen über den
Kapitälen stehen, hat er sich über das Herkommen, das ihnen
weibliche Gestalt giebt, fortgesetzt und nach Umständen das eine
oder andre Geschlecht gewählt. Auch bei ihnen erkennt man den
Einfluss der Antike und das Bestreben nach grösserer Natur-
Wahrheit, dabei aber auch die Neigung für kurze breite Verhält-
nisse und für volle und schwere Gewandung. Besonders bemer-
kenswerth ist die Fortitudo, welche er als männliche, jugendliche
Gestalt nackt und mit Löwen spielend darstellt. Die Verhältnisse
sind auch hier mangelhaft, aber der Gedanke einer athletischen
Gestalt ist mit solcher Genauigkeit der Muskelbildung und so
sehr im antiken Sinne durchgeführt, dass man, wenn auch nicht
eigentliche N aturstudien , so doch eine sehr sorgfältige Beobach-
tung der Natur und auch wohl schon die Anwendung des Thon-
modells annehmen muss de).
über diese Kanzel die Beschreibung und Würdigung in E,
Förster,