Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Niccolö 
Pisano. 
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dem Unerwarteten von der Begeisterung für ihren hohen Beruf 
gehoben Wird. Die Anbetung der Könige hat den Vorzug einer 
einfacheren, überaus klaren Anordnung. Die Jungfrau mit dem 
Kinde ist nämlich ganz in die Ecke gerückt, so dass hinter dem 
Löwenkopfe ihrer Stuhllehne nur der treue Joseph mit bewun- 
dernd geneigtem Haupte Raum gefunden hat, während die Gruppe 
der Könige, zwei hinter einander knieend, der dritte, jüngere, 
nebst einem gleichsam wachthaltenderl Engel aufrecht stehend, 
den grössesten Theil des Raumes vollständig füllt, so dass nur 
hinter den Königen eine Lücke blieb, welche dem Künstler Ge- 
legenheit gab, drei mächtige Bosse, von denen man sie eben ab- 
gestiegen denkt, anzubringen. Während so die ganze Compo- 
sition auch das Fortschreitende antiker Reliefs hat und dabei 
schöner und würdiger ist als auf den meisten römischen Sarko- 
phagen, während Maria wieder dieselbe königliche Haltung hat 
und die Magier in der Bildung ihrer bärtigen Häupter und in der 
Gewandung an antike Könige erinnern, zeigt doch das Einzelne, 
dass dies nur die WVh-kung allgemeiner Eindrücke, nicht specieller 
Studien ist. Namentlich ist die Gewandbehandlung und die Kör- 
perbildung eine ganz andre, die Gestalten sind gedrungener, 
schwerer, breiter, und die Gewänder, welche auf römischen 
Denkmälern wie angefeuchtet sich dem Körper anlegen, hier dick 
und faltenreich, so dass sie denselben vollständig bedecken und 
unkenntlich machen. Auch genaue Naturstudien fehlen noch ganz, 
bei den knieenden Königen ist die Möglichkeit ihrer Haltung 
schwer zu erklären; der Künstler hat diesen Anspruch noch nicht 
an sich gemacht. Er giebt den Hergang nur nach seiner Vor- 
Stellung und seiner N aturkenntniss, aber möglichst schön und an- 
ziehend, und hat ihn daher mit feinem Gefühle für die Verhält- 
nisse der Massen und die Gesammtwirkung geordnet. Auf der 
Darstellung im Tempel ist die Anordnung eine mehr perspecti- 
vische, der Hergang im Ganzen der Tradition sich anschliessend, 
aber mit fast genreartigen und zwar im Hintergründe verkleiner- 
ten N ebenfiguren. Höchst merkwürdig ist unter diesen eine mäch- 
tige, bärtige Gestalt, etwa des Hohenpriesters, die sich auf einen 
bekleideten Knaben stützt, ganz ähnlich wie auf einer in Pisa be- 
findlichen griechischen Vase die bekannte Figur des indischen
	        
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