Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

'l'aufbrunnen 
Zll 
Verona. 
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einem Rundbogeitfriese auf Consolen mit Köpfchen oder Blatt- 
werk gedeckt sind. Innerhalb der so eingerahmten Felder sind 
dann dieI-Iergänge der Geschichte Christi von der Verkündigung 
bis zur Taufe im Jordan, nach Umständen einer oder zwei auf 
jedem Felde, in ziemlich starkem Relief dargestellt. Die Natur- 
kenntniss des Malers ist noch sehr mässig; die Haltung des 
Kopfes passt zuweilen nicht zu der des Körpers, Profil und Vorder- 
ansicht durchkreuzen sich, die Füsse sind meistens entweder ganz 
von der Seite, wie schreitend, oder ganz einwärts und parallel 
gestellt, während der Oberkörper gewendet ist. Die Anforde- 
rungen der Perspective sind in naivster Weise beseitigt, indem 
die entfernteren Gegenstände, z. B. einige Schafe der Heerde, 
ganz einfach über den näheren angebracht sind, so dass ihre 
Füsse in der Luft schweben. Allein diese Mängel werden durch 
die Vorzüge des Werkes bei Weitem überwogen. Von der Roh- 
heit der andern gleichzeitigen italienischen Bildner ist dieser 
Meister weit entfernt. Die Gewänder, die bei ihnen plump her- 
unterhängen, sind kühn geworfen, mit sehr vollständigem, oft fast 
zu gehäuftem Faltenwtlrfe und zugleich oft in starker flatternder 
Bewegung. Einige Gestalten, selbst in ziemlich schwierigen Stel- 
lungen, z. B. der schlafende Joseph auf der Geburt, das liebliche 
Mädchen, welches das Christkind wäscht, die als Wöchnerin 
liegende Maria, sind vollkommen gelungen, alle in ihren Motiven 
vollkommen verständlich. Die meisten Scenen sind von grosser 
dramatischer Lebendigkeit, einige Gestalten wahrhaft grossartig. 
So zunächst der Engel der Verkündigung, welcher, im Profil ge- 
Sehn, die Rechte gebieterisch erhebend, mit der Linken das durch 
diese Bewegung von der Schulter fallende Gewand haltend, wirk- 
lich den mächtigen Eindruck des Himmelsboten macht, den Maria 
durch ihr erschrecktes Aufstehn von ihrem Sessel, und selbst die 
beiden Dienerinneil, welche an beiden Seiten die Vorhänge des 
Gemachs öffnen, in ihrer erstaunten Miene und den aufgehobenen 
Armen anzeigen. So ferner und besonders die Frau auf dem 
Kindermorde, die mit tinsterm Blicke und mit mächtiger Geberde 
ihr Kind hält und den Kriegsknecht, der es ihr entreissen will, 
bedroht. Es ist hier durchaus der Geist der Antike, man möchte 
Sägen. der antiken Tragödie. Auch bei andern Gestalten sind antike
	        
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