Mosaiken
der
Marcuskirche.
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Style accommodiren; so ein Presbyter Grisogonus im Jahre 1507,
an der Gestalt des h. Paulus am Chorpfeiler?) und ein ge-
wisser Petrus, der sich mit der Jahreszahl 1506 an dem sitzenden
Christus der Hauptapsis und mit der von 1509 an dem aus dem
Chore in die rechte Seitenapsis führenden Bogen nennt. Man
kann an einzelnen Zügeu diese Imitation von dem wirklich byzan-
tinischen Style unterscheidenw), aber immerhin ist sie ein merk-
würdiger Beweis von der Neigung und Gewandtheit der Italiener,
sich im Interesse der Harmonie eines künstlerischen Ganzen dem
älteren Styl anzubequemen. Freilich hörte demnächst bei den
Arbeiten der Zuccati diese rücksichtsvolle Behandlung auf.
Auch ausserhalb der Marcuskirche linden wir im XIII. Jahr-
hundert keine Spur einer einheimischen, nicht byzantinischen
Schule. Die Malereien an der Reliquienkiste der h. Giuliana (jetzt
iu S. Biagio auf der Giudecca), die man mit dem Todesjahre der-
selben 1262 in Verbindung gebracht und zum Beweise einer sol-
chen angeführt hatwiik), sind in der That mehr roh als byzanti-
nisch, aber doch auch zu unbedeutend und vereinzelt, um irgend
einen historischen Werth zu haben.
Eine byzantinische Plastik gab es bekanntlich nicht seit
den Zeiten des Bilderstreits erlaubte sich die griechische Kunst
nur etwa auf Elfenbeintäfelchen oder in Goldarbeit wirkliche
Reliefdarstelluilgeil. Selbst der Erzguss, von dem die Marcus-
kirche ja ebenfalls eine wirklich byzantinische und eine derselben
treu nachgeahmte Thür besitzt, begnügte sich mit {lach eingelegten
Figuren. Die Venetiauer hatten als abendländische Christen keinen
Grund, die volle Körperlichkeit in der Kunst zu scheuen, aber
dennoch scheinen sie sich lange ohne eigne Sculptur behelfen zu
haben. Die Gräber der Dogen Marine Morosini (1- 1252) und
Ü Die Schxeibart seines Namens zeigt, dass er nicht (wie v. d. Hagen.
Briefe II. 129 annimmt, indem er ihn irrig Chrysogonos nennt) ein Byzantiner
gewesen.
H) Dass es blosse Restaurationen alter Mosaiken gewesen, ist nicht denk-
bar, da man dann den Arbeitern nicht gestattet haben würde, ihre Namen ohne
Erwähnung dieses Verhältnisses in so grosser und auffallender Schrift, wie
es hier geschehen ist, anzubringen.
Lanzi in der Einleitung zur venetianischen Schule.
i") S. oben Bd. III. S. 211.
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