Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Anfänge 
italienischer 
Kunst. 
Chöre der Märtyrer, Bekenner und Jungfrauen darstellen. Das 
reichlich angebrachte Blattgold ist stärker und leuchtender als in 
den meisten italienischen Manuscripten, die Zeichnung von grosser 
Festigkeit der Hand, die ltlodellirung der Körper durch kräftige 
Schattirung mit weichem Pinsel ausgeführt, die wohlbereitete und 
glänzende Deckfarbe hält sich meist in dunkeln Tönen und ist 
oft so übermässig stark aufgetragen, dass sie abblättert. Die 
Carnation ist bald stark grünlich, bald ziegelroth, die Haltung der 
Figuren zum Theil zierlich, aber meistens steif, der Ausdruck der 
Köpfe schwach und starr, der Kopf des Christuskindes greisen- 
haft, die Gewandbehandlung überladen, wulstig, mit weissen 
Lichtern auf vertretenden Stellen, aber doch ohne Gefühl für wirk- 
liche Körperform, die Anordnung oft gedankenlos. Alles dieses 
und dann die barbarische, aber doch an römisches Costüm er- 
innernde Rüstung der kriegerischen Märtyrer beweist augen- 
scheinlich byzantinischen Einfluss, auch fehlen hier die Randver- 
zierungen, welche der nordische Styl liebte. 
Die Reihe dieser im Laufe des Jahrhunderts von 1150 bis 
1'250 entstandenen Miniaturen, so unvollständig sie ist, beweist 
doch unzweifelhaft, dass von einem ausschliesslichen Betriebe der 
Kunst durch Griechen oder auch nur von einer überall herrschen- 
den „ griechischen Manier u nicht die Rede sein kannii). Aber 
eben so wenig erkennen wir den Anfang einer eigenthümlich 
italienischen Kunstrichtung, sondern ein unsicheres Schwanken, 
das nach irgend einer Regel sucht, und sich gleichzeitig bald an 
byzantinische, bald an einheimische altchristliche Werke, bald 
aber auch an die mehr phantastische Weise der nordischen Kunst 
anschliesst. Unter den genannten Miniaturen sind drei ungefähr 
aus demselben Jahre 1170; die Bulleusammlung in Rom zeigt 
den Einfluss antiker Statuen, das Evangeliarium in Padua byzan- 
tinische Studien und die Klosterchronik aus der Umgegend von 
5'] In einer jetzt in der Bibliothek der Certosa zu Pisa bewahrten 
Bibel, welche laut. beigefügter Urkunde für das Kloster S. Vito in Pisa im 
Jahre 1169 geschrieben und mit Miniaturen und Initialen versehen ist, nennt 
sich ein Albertus aus Volterra als scriptor de licteris majoribus de am-O e; 
da colore. Da ich sie nur durch die Anführung von Bonaini (Memorie 
inedite etc. p. 87 und Arch. stor. Ital. VI. Parte II. Sez. II. 44-46) kenne, 
kann ich über das Stylistische nicht urtheilen.
	        
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