Miniaturen.
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byzantinische Trachten, lassen daran keinen Zweifel. Doch be-
stehn die Malereien noch aus Federzeichnungen mit leichten und
hellen Farben, die Gewänder sind, obgleich nach missverstandener
Antike angeordnet, noch nicht wie später mit Strichen überladen,
und die Initialen mit ihren bizarren Thiergestalten zeigen noch den
nordischen Geschmack. Es ist möglich, dass in Padua die Nähe
von Venedig die Kenntniss byzantinischer Kunst etwas förderte.
Indessen kommt ein ähnlicher Einfluss doch auch an andern Orten
vor. Dies beweist ein Antiphonarium , das auf der Sapienza (der
Universitätsbibliothek) zu Pisa bewahrt wird und wohl schon vor
der Mitte des XIII. Jahrhunderts entstanden sein kann. Es hat
seine zahlreichen figürlichen Darstellungen nur in den ziemlich
grossen, auf Goldgrund stehenden Initialen, Welche mit wenigen
Figuren, in einer Art Lapidarstyl, die Geschichte ziemlich aus-
führlich enthalten. So ist z. B. in dem V , mit welchem Ma-
thaeus II. 2 anfängt (Vbi est qui natus est rex Judaeorum] in der
mittleren Oetfnung die Anbetung der Magier, auf der einen Seite
ihre Reise, auf der andern Seite ihr Erscheinen vor Herodes dar-
gestellt. Die Verzierung des Körpers der Buchstaben mit Riemen-
werk und Blumen gleicht dem Styl französischer Handschriften
derselben Zeit, die Figuren aber mit schlankem Körperbau, zier-
liehen Bewegungen, antiken Motiven, die Tracht der Krieger, die
Gewandbehandlung mit fein gestrichelten Falten und weissen
Lichtern setzen bestimmte byzantinische Studien voraus.
Dasselbe gilt in noch höherem Grade von einem zweiten
höchst prachtvollen Codex des Doms zu Padua, der laut ausführ-
licher Inschrift ebenfalls durch einen Presbyter dieses Domes, Na-
mens Johannes, im Jahre 1259 vollendet wurde und noch jetzt in
diesem Dome zum Altardienst benutzt wird a). Er enthält die Stellen
der Episteln in ihrer Jahresfolge zum Verlesen bei der Messe und
dabei ausser einer grossen Zahl reich mit Arabesken und kleinen
Figuren verzierter Initialen sechszelm Bilder von ganzer Grösse
des Blattes, welche die Geschichte Christi und Mariä und die
Auch hier giebt Agincourt ad Tab. 81 (wiederum ohne nähere Kennb-
niss des Codex] die schwülstigen Hexameter der Inschrift. Ich habe die
sonst noch nicht beschriebenen, mir aus eigener Ansicht bekannten Codices
ausführlicher schildern zu müssen geglaubt.