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Anfänge
italienischer
Kunst.
treter des griechischen Styles, für die man keinen bestimmten
Namen hatte und sie daher schlechtweg „Grecia nannte, weiter
hinausrücken. Vielleicht fand Vasari diese Auffassung schon in
den "Aufzeichnungen alter Maler " vor, welche er grade bei der
Nachricht von dem glänzenden Erfolge der grossen Madonna
Cimabueis anführt, also bei einer sagenhaften Thatsache, welche
Cimabueis Bedeutung sehr hoch stellter). Jedenfalls wird er von
den Ansichten des Ghiberti, dessen Commentar er kannte und im
Leben des Duccio ausdrücklich citirt, nicht ohne Noth abgewichen
sein. Nach GhibertPs Darstellung dauerte der Schlaf der Kunst
von der Zerstörung der antiken Tempel bis auf Giotto gleich-
mässig fort; Vasari hatte, ungeachtet der Flüchtigkeit seines
Auges, doch zuviel gesehn, um dem beizustimmen. Er fand
rohe stumpfe Arbeiten, dann eine Zahl von wirklich byzantini-
sehen oder ihnen nachgeahmten Gemälden, die wenigstens eine
sorgfältigere Behandlung hatten, und entdeckte endlich bei Ci-
mabue Fortschritte und Verdienste neben einer gewissen Ver-
wandtschaft mit diesem byzantinischen Style. Er modiiicirte daher
Ghibertfs allzu allgemeine Darstellung in der Art, dass er zwar
eine ansschliessliche Praxis der Griechen während des ganzen
Mittelalters annahm, dabei aber doch voraussetzte, dass es zu-
weilen, vielleicht oft und längere Zeiträume hindurch auch an sol-
chen Griechen gefehlt haben möge, bis diese kurz vor Cimabue
in grösserer Zahl und mit grösserem Erfolg gewirkt hätten. Da
nun überdies seine Anschauungen sich im Wesentlichen auf Tos-
cana und besonders auf Florenz beschränkten (selbst in Rom
scheint er für kunsthistorische Betrachtung keine Zeit gehabt zu
haben), so ergab sich daraus seiner lebendigen Phantasie ganz
von selbst jener Hergang der Berufung griechischer Meister nach
Florenz und ihres Lehrverhältnisses zu Cimabue.
divina comedia dar. Nachdem vorher die Malerei roh und ohne Ausdruck
gewesen, habe zuerst Cimabue i lineamenti naturali e 1a vera proporzione
gefunden und die bisher todten Gestalten der Malerei lebendig gemacht. Er
würde noch berühmter geblieben sein, wenn Giotto ihn nicht verdunkelt hätte.
Vasari a. a. O. S. 225. Dass Vasari auch sonst manche schriftliche
Berichte benutzte, ergiebt sich besonders aus dem Leben des Gaddo Gaddi,
wo e; von einem "libretto antico" spricht, das ihm Nachrichten über diesen
und über andre gleichzeitige Kunstereignisse gegeben habe. Daselbst S. 295, 297.