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Anfänge
italienischer
Kunst.
ausgeht, kommt bei den Schriftstellern des XIII. und XIV. Jahr-
hunderts, in deren Zeit er grade gefallen sein soll, noch nicht vor.
Selbst Dante, der über Angelegenheiten der Kunst sehr gut unter-
richtet ist und sich oft fast wie ein Künstler äussert, und eben so
Sein früher, bald nach seinem Tode schreibender, unten noch näher
zu erwähnender Comrnentator kennt ihn noch nicht. Dieser be-
merkt in Beziehung auf Cimabue nur, dass er ein in seiner Zeit
ausgezeichneter Maler, aber sehr hochmüthig und reizbar gewesen,
und Dante giebt gradezu das Verhältniss Giottds zu Cimabue als
das des gewöhnlichen Fortschrittes an. Er scheint daher gar nicht
zu wissen, dass um diese Zeit, sei es bei Giotto oder bei Cimabue,
eine so gewaltige Umwandlung der Kunst stattgefunden habe.
Erst im XV. Jahrhundert linden wir den Gegensatz des Grie-
chischen und Italienischen erwähnt, und zwar bei zwei Künstlern,
welche Aufzeichnungen über ihre Kunst hinterlassen haben, bei
Cennino di Andrea Cennini, einem mittelbaren Schüler Giottds,
der um 1437, und bei Lorenzo Ghiberti, dem berühmten Bild-
hauer, der um 1450 schriebfc). Beide aber sprechen nicht, wie
Vasari und die spätern italienischen Schriftsteller, von Personen,
von griechischen oder italienischen Malern, sondern von einer
griechischen und italienischen Kunst; sie unterscheiden zwei Ma-
nieren, von denen sie die ältere als die griechische bezeichnen.
ohne anzudeuten, dass diese auch von Griechen in Italien geübt
oder gelehrt seimk). Ghiberti spricht zwar ein Mal auch von der
Rohheit „der Griechen", welche Giotto zuerst überwunden habe,
aber es ist das atlgenscheinlich nur ein zur Abwechslung gewählter
Ausdruck für Maniera greca. Denn alle Maler „griechischer Ma-
xiier", welche er namentlich nennt, Cimabne, Pietro Cavallini und
Duccio, sind Italiener, und er kann daher, indem er, wie Cennini,
Giotto für den Erneuerer der Kunst erklärt, bei jenem Gegensatze
E] Dies ergiebt sich aus seinen von ihm erwähnten eignen Arbeiten,
deren Chronologie wir kennen.
W) Oennino in Seinem Trattato cap. 1.: Giotto rimutö Parte del dipignere-
di greco in latino e ridusse al moderne. Ghiberti in seinem Commentar
(abgedr. in der angef. Ausg. des Vasari und zum Theil bei Cicognara Storia
della Sculßura]: Cimabue tenea 1a maniera greea; in quelle. maniera ebber
in Etruria gramlissima fama. Giotto-arrecö Parte nuova; lasciö 1a rozzezza
de' Greci etc.