Kritik
der
frühern
Berichte.
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auf jene Annahme des ausschliesslichen Kunstbetriebes durch
Griechen und der Erhebung durch italienische Schüler dieser
Griechen ein, ohne zu prüfen, 0b wirklich Solche Griechen in
grosser Zahl anwesend gewesen und wodurch sich griechische
Kunst von der einheimischen, aus altchristlichen Traditionen
hergeleiteten genau unterscheiden lasse, und kam durch den
Streit über unbedeutende Namen, mit denen man die Kunst-
geschichte belud, und durch die stete Verwechslung der Nationa-
lität der Künstler mit der der Kunst in endlose Verwirrungen
und Willkürlichkeiten, so dass die überaus reiche Literatur, deren
sich die italienische Kunstgeschichte erfreut, die Kenntniss der
Wirklichen Verhältnisse eher erschwert als befördert?)
Geht man näher auf die Quellen ein, aus welchen Vasari
Seine Kunde von jener dreihundert Jahre vor ihm liegenden Zeit
geschöpft haben kann, so lernt man ihn besser verstehn. Der
Gegensatz von griechischer und italienischer Kunst, von dem er
Wie verwirrend dieser literarische Reichthum ist, sieht man schon bei
der Vergleichung der Geschichte der Sculptur mit der der Malerei. Jene,
für die überaus wenig gethan ist, da Cicognara in der Storia della Scultura,
dem einzigen grössern Werke über diesen Kunstzweig, die frühe Zeit nur
sehr allgemein und mit höchster Leichtigkeit und Unbestimmtheit berührt,
stellt sich uns viel klarer dar als die Malerei, welche der Hauptgegenstand
des Interesses der Italiener war. Grade bei dem neuesten Geschichtschreiber
(Rosini, Storia della pittura italiana, Pisa 1839) ist die Verwirrung wahrhaft
Mitleid erregend, und auch Lanzi, obgleich er besser unterscheidet und nicht
so leicht vrie Rosini oberflächliche, auf Vasarfs Darstellung gebaute Aeusse-
rungen später Schriftsteller als authentische Nachrichten behandelt, hat sein
Buch mit einem Ballast unnützer Namen überladen und giebt durchaus keine
Anschauung von dem wirklichen Hergang. Selbst die fremden Bearbeiter
italienischer Kunstgeschichte sind dadurch mehr oder weniger auf Abwege
gerathen und haben, indem sie die Resultate bestreiten, allzu oft die Prä-
missen irrigerweise zugegeben. Agincourt hält das Dogma von Griechen und
Schülern der Griechen völlig fest und glaubt beide nach sehr äusserlichen
Kennzeichen unterscheiden zu können. Fr. Köhler in seinen übrigens ge-
haltvollen Aufsätzen über die Anfänge italienischer Kunst (Kunstblatt1826,
1827) sucht ganz wie Vasari und Baldinucci nach einem Stammvater dieser
Kunst, den er nur im Gegensatze gegen diese in Parma gefunden Zll haben
glaubt. Rumohfs Ansichten nähern sich im Wesentlichen der Wahrheit,
nur dass er im Kampfe gegen italienische Vorurtheile auf eine Spitlfindi?
kßit und Rechthaberei gerathen ist, die ihn oft auf falsche Wege führt-