Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Anfänge 
italienischer 
Kunst. 
wie von Florenz lässt sich auch von den andern grössern Städten 
nachweisen, dass Bildnerei und Malerei nie gänzlich erloschen 
oder ganz in griechischen Händen gewesen sind. 
Aber diese Thatsachen wurden erst allmälig ermittelt, und 
jene Erzählung war so lebendig vorgetragen und entsprach so 
sehr dem italienischen Geschmacke, dass sie sich fest einprägte 
und nachwirkte. Wie Vasari selbst liebten die Italiener durch- 
gängig die novellistisch-biographische Betrachtungsweise, Welche 
die geschichtlichen Hergänge an einzelne, überraschend hervor- 
tretende Persönlichkeiten knüpft, und die Vorstellung einer künst- 
lerischen Grossthat, welche das Land von der Herrschaft des 
fremden Styls befreit habe, schmeichelte der Ruhmbegierde. Hatte 
Vasari sich auch mit jener Berufung der Griechen nach Florenz 
oder mit dem angenommenen gänzlichen Mangel einheimischer 
Künstler geirrt, so hielt man doch daran fest, dass die Kunst im 
Wesentlichen durch Griechen betrieben sei, und dass erst Schüler 
derselben und zwar zuerst Cimabue sich über diese ihre Meister 
und ihren handwerksmässig stumpfen Betrieb zu künstlerischer 
Auffassung erhoben hätten. S0 wurde es namentlich von den 
Florentinenl, in dem an sich wohlbegründeteten Gefühle ihres 
künstlerischen Uebergewichts, aufgefasst und am dreistesten durch 
Baldinucci dahin ausgelegt, dass Cimabue gradezu der Stamm- 
vater aller italienischen Kunst, und die jeder andern Stadt durch 
mittelbare oder unmittelbare [Tebertragung von ihm herzuleiten 
sei. Erst diese Behauptung erregte den Widerspruch. Bologna, 
Pisa, Siena besassen ältere, einheimische, zum Theil mit Maler- 
namen bezeichnete Gemälde und nahmen daher jenen Ruhm des 
Cimabue für ihre Mitbürger in Anspruch, andre Städte zeigten 
Wenigstens urkundlich erwähnte Künstlernamen auf, und es erhob 
sich ein heftiger Streit, Welcher Stadt die Priorität gebühre, der 
zum Theil noch bis auf unsre Tage dauert, während einsichtigere 
Männer zwar ein Mitwirken X7ieler und ein allmäliges Befreien 
aus den Fesseln stationär griechischer Kunst annahmen, aber 
doch dem reizbaren Localpatriotismus wenigstens durch das Zu- 
geständniss eines Antheils an diesem Ruhme entgegenkommen 
zu müssen glaubten. Allein bei diesem Streite und dieser scho- 
nenden Behandlung ging man unwillkürlich und stillschweigend
	        
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