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Italienische
Gothik.
übrigens aber lässt sich eine chronologische Ordnung unter ihnen
schon desshalb nicht feststellen, weil häufig einzelne Verschö-
nerungen zu Verschiedenen Zeiten daran angebracht, namentlich
ganze Loggien, deren Einrichtung dies erleichterte, eingefügt sind.
Sind diese Maasswerkformen wie wir vermuthen erst nach
dem Vorgange des Dogenpalastes um 1340 aufgekommen, so
muss man über ihre grosse Verbreitung erstaunen. Denn nicht
bloss in Venedig sind sie sehr häufig, sondern in allen Städten
des venetianischen Gebiets, selbst noch in Brescia kommen ein-
zelne Exemplare dieses Styls vor. Indessen ist es begreiflich,
dass in einem geschlossenen und grade damals sehr reich begü-
terten Adelskreise diese brillanten Formen so beliebt und Mode
werden konnten, dass man sie fast für eine Nothwendigkeit hielt
und freigiebig anwendete, und es blieb noch immer, da die Anwen-
dung derselben sich bis gegen die
h ' _ Mitte des XV. Jahrhunderts er-
"VLL d"! strecktek) ein Zeitraum von etwa
Ä] hundert Jahren, der für die zahl-
miim reichen Fallewohl ausreichte,
j i; 21;: Auf den lxirchenbau hatte diese
_ phantastische Gothik keinen Ein-
TRU im M fluss; selbst das Fenstermaass-
g, werk behielt die. strengeren For-
h; e Wg men des festlänthschen Styles bei.
__jlll r Nur die Portale, sowohl die zu
"t ä den Kirchhöfen als die in die Kir-
chen selbst führenden, machen oft
f eine Ausnahme, indem man sie
111i oberhalb des 'l'l1ürsturzes mit
einem mächtigen, geschweiften,
Anlage zusammenhängen, indem der andre Flügel vielleicht schon getrennt
und in andre Hände übergegangen, oder das Ganze mit demselben dem neuen
Erwerber zu gross war.
V") Mothes a. a. O. S. 220 giebt das Beispiel der Erhöhung des Pal.
Foscari, welche im J. 1437 noch in diesem Style ausgeführt ist. Auch das
Grabmal des Beato Pacifico in S. Gio. e Paolo aus demselben Jahre und
andre Gräber bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus sind noch über-
wiegend gothisch.