Italien
im
XIII.
Jahrhundert.
blieb den Italienern unverständlich, sie kannten nur die auf der
Bodeneinheit beruhende Einheit der Interessen und neigten sich
daher zu kleinern Staatsverbänden, sei es, was ihrem Individua-
lismus am Nächsten lag, in republikanischer Form, sei es in der
der Imperatorenherrschaft, Wo irgend ein Einzelner sich des Staates
bemächtigt und so den Bewohnern Wenigstens eine privatrechtliche
Selbstständigkeit gewährt. Auch die Geschichte hatte sie auf diesen
Weg gewiesen; denn der Schein republikanischer Selbstver-
waltung, der den Städten auch in der Kaiserzeit geblieben war,
wurde bei dem Verfall des Reichs und der wachsenden Anarchie
mehr und mehr zur Wirklichkeit, und erhielt sich im Kampfe
gegen die durch die lehnreehtlichen Beleihungen der deutschen
Fürsten begründeten Ansprüche.
Für die Ausbildung dieses heimischen Systems entschied dann
endlich die Zeit nach dem Tode Kaiser Heinrichls III., wo die
tragischen Schicksale des fränkischen Hauses eine bleibende und
energische Einwirkung der deutschen Kaiser nicht gestatteten.
Die Bischöfe waren unfähig, mit eigener Kraft die ihnen verliehenen
lehnsherrlichen Rechte zu behaupten, die Familien der grossen
Feudalherren ausgestorben oder verkommen, ihre Besitzungen
und Rechte von einzelnen Vasallen oder Nachbarn usurpirt, die
dann, nicht mächtig gering, sich gegen die Städte zu schützen,
sich denselben anschlossen oder unterwarfen und in den meisten
Fällen in ihnen Wohnsitz und Bürgerrecht nahmen. Dieser fac-
tische Zustand erschien dann aber sehr bald als der rechtlich be-
gründete. In einzelnen Fällen waren wirklich die Kaiser auf ihren
flüchtigen Durclizügen schwach genug gewesen, den Städten Pri-
vilegien zu verleihen oder zu verkaufen, welche ein Anerkenntniss
völliger Selbstlierrlichkeit derselben zu enthalten schienen, aber
auch da, wo solcher Titel fehlte, nahm die öffentliche Meinung
doch diese Freiheit als natürliches oder althergebrachtes Recht in
Anspruch. Die Sagen der Urzeit des Alterthums waren schon in
den unerfreulichen 'l'agen des sinkenden Imperatorenreiches die
ausschliessliche historische Nahrung geworden, hatten sich in den
Schulen des Mittelalters erhalten und wurden jetzt bei dem neuen
Aufblühen der Städte und dem durch germanische Denkweise
neubelebten Freiheitsgefühle wieder hervorgesucht und bei leben-