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Italienische
Gothik.
gefasst, welcher denjenigen mit einer Geldstrafe bedrohte, der die
Zerstörung des Palastes behufs reicherer Herstellung beantragen
würde. Dies wird uns durch zwei Chroniken und zwar bei der
Veranlassung erzählt, dass im Jahre 1422 der Doge Thomas
Mocenigo selbst einen solchen Antrag gemacht, die Geldstrafe
erlegt und den Beschluss eines N eubaues erlangt habe. Der An-
fang des Abbruches zu diesem Zwecke wurde erst am 27. März
1424 gemacht k] und dieser Bau zufolge derselben Chronik am
13. Mai 1442 beendet. Die Entdeckung dieser Chronikennach-
richt hat italienische Schriftsteller, namentlich Selvatico, veranlasst,
anzunehmen, dass dieses "Niederreissen" sich Wirklich auf den
ganzen alten Bau des XIV. Jahrhunderts bezogen habe, dass wir
daher nichts von demselben besitzen und der ganze jetzige
Aussenbau aus den Jahren 1424-1442 stamme. Von gewissen
Theilen steht es allerdings fest, dass sie erst um diese Zeit und
sogar später entstanden sind. Die Porta della Carta, das grosse
Eingangsthor zum Hofe des Palastes, wurde erst 1438 einem
Meister Johann Bon und fseinem Sohne Bartolomeus übertragen
und war im Jahre 1442 noch nicht vollendet, da beide sich da-
mals in einer Urkunde verpflichteten, dies binnen Jahresfrist zu
bewirken. Diesen Bartolomeus finden wir dann auch noch 1463
und zwar oberhalb des Marcusplatzes mit Arbeiten am Palaste
beschäftiget, deren kleinen, unvollendeten Theil er bei hoher
Geldstrafe ungesäumt zuäbeschatfen verspricht. Man hat hier-
nach vermuthet, dass die Mitglieder der Familie Bon, die wir
auch sonst als eine der angesehensten Künstlerfamilien Venedigs
kennen, schon jene früheren Arbeiten von 1424 geleitet hätten.
Allein wenn dies auch richtig Wäre, würde sich doch immer
fragen, worin diese Arbeiten bestanden, und ob Wirklich das
ganze Gebäude, namentlich auch die Gallerieu, aus diesem
Bau herstammen. Jene Anordnung des Niederreissens kann
f) Die Worte der Chronik Zancarola lauten (bei Selvatieo p. 125]:
.fo principiado a. buttar zoxo el palazo vecchio per refarlo da novo,
Sie lauten also, als ob es sich von einem völligen Neubau handelte, können
aber auch wohl nur vom Abbruche eines Theiles verstanden sein. Die
Worte des Beschlusses selbst sind noch weniger bestimmt: Palatium nostrum
fabricetur et fiat in forma decora et convenienti. Sie können auch von einer
innern Verschönerung verstanden werden.