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Italienische
Gothik.
Archivolte der Bögen nicht mehr ganz flach, sondern von einem
starken Bundstabe eingefasst ist, und besonders, dass sie in ihrer
Aussenlinie die Parallele des Bogens verlässt und auf seinem
Scheitel sich plötzlich zuspitzt. Es ist das ein ganz willkürlicher
Schluss des ruhig auf seinen senkrechten Wänden aufsteigenden
Bogens, der sich nur durch den Wunsch erklären lässt, seine
ohnehin schlanke Gestalt noch kühner zu machen. Auch sonst
zeigt sich an diesen Bauten die Neigung zu mehr geschmückten
und auffallenden Formen. Die Kapitäle haben theils jene byzan-
tinische Würfelform mit leichten, filigranartigen Verschlingungen
oder Blättern, theils die schlanke Form deutscher Kapitäle des
Uebergangsstyls; an die Stelle der glatten Scheiben sind Reliefs
von Thiergestalten getreten, überhaupt sind plastische Verzie-
rungen, theils Figuren, theils Ornamente in den Friesen oder als
Einrahmungen von Nischen zahlreich angebracht. Das besterhal-
tene dieser Gebäude ist ein Palast am Canal grande , unfern der
Kirche der Apostel, bei welchem die etwas schwerfallige Pracht
dieser Verzierung nicht gestattet, ihm eine frühere Entstehung als
im Anfange des XIII. Jahrhunderts zuzuschreiben.
Auch schliesst sich sehr enge an diese Gruppe eine andre
an, bei welcher zwar noch überhöhete Rundbögen der oben be-
schriebenen Art und mit der ihrer Einrahmung aufgesetzten
Schneppe, daneben aber auch schon wirkliche Spitzbögen, bald
im Untergeschosse in stumpfer und breiter Form, bald in den
obern Stockwerken, und zwar hier schon mit einer Nasenbildung
vorkommen. Einige Male mögen diese bei späteren Herstellungen
entstanden sein, häufig aber scheint doch das Ganze aus einer
Zeit herzustammcn, welche, da der gothische Styl in Venedig an
den Kirchen erst etwa um 1'250, und selbst der blosse Spitzbogen
an Grabmälern erst gegen das Ende des XIII. Jahrhunderts auf-
kam, unmöglich früher als in das XIII. Jahrhundert fallen kann.
Von constructiver Consequenz war ja überhaupt bei den Italienern
nicht die Rede, und es scheint, dass für die Venetianer grade
dieses Jahrhundert eine Uebergangszeit war, wo man jene ältere
und strenge rundbogige Form nicht mehr elegant genug fand und
die Meister gradezu auf Entdeckungen nach einem der einheimi-
schen Palastanlage und der Localität entsprechenden Decorations-