240
Italienische
Gothik.
gleich kriegerischen und civilisirten Zustände des italienischen
Mittelalters.
Eine ungewöhnlich kolossale Gestalt, die recht eigentlich
darauf berechnet scheint Erstaunen zu erwecken, gab die Bürger-
schaft von Padua ihrem für die öffentlichen Geschäfte bestimm-
ten Gebäude. Es besteht nämlich über einem dunkeln, zu Vor-
rathsräumen geeigneten Erdgeschosse von 22 Fuss Höhe aus der
ungetheilten Masse eines einzigen, nicht ganz regelmässigeti
Vierecks von etwa 220 F uss Länge und 75 Fuss Breite, das im
Innern durch zwei Wände in drei Säle getheilt war, die für Ge-
richtssitzuxigexi und andre Amtshandlungen dienten. Anfangs War
dieser ganze gewaltige Raum mit einer Balkendecke versehn , im
Jahre 1306 aber erbot sich ein kühner Mönch, Fra Giovanni aus
dem Eremitanerkloster, ihn mit einem einzigen hölzernen Gewölbe
ohne alle Stützen zu überdecken. Das geschah denn auch wirk-
lich, so dass das Innere nun die bedeutende Höhe von 75 Fuss
erhielt. Auch umgab er beide Stockwerke äusserlich mit offenen
Gallerien. Im Jahre 1420 zerstörte jedoch eine Feuersbrunst das
Ganze, es wurde aber sofort möglichst in denselben Verhältnissen
hergestellt, nur dass nun jene innern Zwischenwände fortblieben
und die Paduaner sich seitdem rühmen, den grössten Saal der
Welt zu besitzen. In diesem Zustande ist das Gebäude (Sala
della ragione oder auch Basilica getrennt), geblieben und durch
seine kolossale Grösse und die schwer zu enträthselnden astro-
logischen Gemälde, mit denen das Gewölbe bedeckt ist, berühmt,
Eine ähnliche kolossale Halle mit hochgewölbtem Dache findet
sich nur in der Nachbarstadt Vicenza, indessen ist ihre
ursprüngliche Gestalt hier noch weniger erhalten, da sie im
XVI. Jahrhundert, nach den Angaben des Palladio, in ihrem
Aeussern ganz erneuert ist.
Zum Beschiusse haben wir noch eine sehr interessante Klasse
von Gebäuden zu betrachten, die Paläste Venedigs. Im Kirchen-
hau hatte sich Venedig ungeachtet des byzantinischen Vorbildes.
das die lllareuskirche gab, allmälig der allgemeinen italienischen
Sitte angeschlossen, so dass im XIII. Jahrhundert kaum noch ein
Unterschied bestand. Im Palastbau dagegen bildete sich ein eigen-
thümlicher Styl immer mehr aus, und zwar mit so fremdartigen.