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Italienische
Gothik.
Geist in seinen verschiedenen Beziehungen ausspricht. Denn bald
sind es hohe Burgen mit starken Mauern, Wohl verwahrten Ein-
gängen, mässig verzierten Fenstern, von Zinnen oder einem
vorspringenden Wehrgange bekrönt, mit dem unverkennbaren
Ausdrucke ritterlicher Kraft, und zwar jenes städtischen Ritter-
thums, das nicht auf Abenteuer persönlicher Ehre ausgeht,
sondern seinen Ruhm im Kampte für die gemeine Sache oder auch
in aristokratischem Trotze sucht und daher überall mit grösseren
Massen zu thun hat; bald aber Amtsgebäude mit offenen Hallen
im Erdgeschoss, welche die Zugänglichkeit republikanischer Be-
hörden, und mit heiteren Ornamenten, welche den Reichthum des
Gemeinwesens ausdrücken, bald endlich Plätze zu Volksversamm-
lungen, welche von Lauben und von verschiedenen Amtslocalen
umgeben sind. Diese öffentlichen Bauten stammen sämmtlich erst
aus dem XIV. Jahrhundert oder aus der zweiten Hälfte des XIIL;
denn bis dahin hatte man vermöge der Einfachheit italienischer
Sitte im Freien oder allenfalls in hölzernen Verschlägen getagt.
Auch Privatgebäude aus früherer Zeit werden kaum, wenn man
einzelne Wehrthürme in den Städten ausnimmt, erhalten sein.
Aber auch innerhalb dieses beschränkten Zeitraums würde eine
chronologische Zusammenstellung zwecklos sein, denn die sty-
listischen Elemente bleiben unverändert, und romanische Formen
erhalten sich fortwährend im Gebrauche, bis sie mit der Renaissance
verschmelzen. Ueberhaupt ist ein genaues Eingehen hier nicht am
Platze, da die meisten dieser Bauten doch wesentlich dem Nutzen die-
nen und ihre Bedeutung nur durch ihre Bestimmung erhalten. Ein
rascher Ueberblick in geographischer Sonderung wird daher ge-
nügen.
In Florenz tragen die wirklich dieser Epoche angehörigen
Profanbauteil vorwiegend einen ernsten kriegerischen Charakter.
Bis um die Mitte des XIII. Jahrhunderts hatte die damals schon
mächtige Stadt noch immer keinen öffentlichen Palast. Die Bür-
ger, welche Aemter bekleideten, wohnten in ihren Iläusern , der
Podeste, wenn ein solcher gewählt wurde, da er als Fremder kein
eignes Hans hatte, in dem des Bischofs. Erst im J. 1'250 wurde
für diesen ein festes Haus, der später sogenannte Palazzo del
Bargello, und dann im J. 1298 für die Prioren der jetzige Pa-