Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Italienische 
Gothik. 
deutschen Könige Wenzel den Herzogstitel erlangt hatte und die 
glänzenden Feste, mit denen er diese neue Würde feierte, vorüber 
waren, dachte er an die Busse alle der Verbrechen, die ihm als 
Stufen zu seinem Throne gedient, und beschloss, ein Karthäuser- 
kloster zu gründen und mit alle der Pracht auszustatten, mit wel- 
cher die damaligen italienischen Grossen grade diese Oerter des 
Schweigens zu überhäufen liebten. lm Jahre 1396 legte er den 
Grundstein zu der berühmten Certosa bei Pavia und beeilte 
das Werk so sehr, dass das Kloster schon 1402 bewohnt war. 
Allerdings schritt dann später der gewaltige Bau langsamer fort, 
die Facade der Kirche wurde erst 1473 angefangen und gehört 
schon der Renaissance an, die Ausschmückung des Innern ist 
zum Theil noch jünger, und die Namen, welche uns überliefert 
sind, des Giovanni Antonio Omodeo (oder de Madeo) und des 
Borgognone, beziehn sich nur auf diese spätem Arbeiten. Da- 
gegen ist der Name dessen, der den Plan der Kirche zur Zeit der 
Gründung entwarf, unbekannte). Ohne Zweifel fand auch hier 
wieder Concurrenz und eine gemeinsame Berathung statt, und es 
ist undenkbar, dass man dabei die Meister, welche am Dombau 
thätig waren, übergangen haben sollte. Aber dennoch ist die An- 
lage eine gänzlich verschiedene, völlig italienische, mit quadraten 
Gewölbfeldern im Mittelschiffe, länglich gestreckten in den Seiten- 
schilfen, und Kapellenreihen von doppelter Anzahl der Gewölb- 
felder neben denselben. Nur die Pfeilerbildung zeigt eine Spur 
nordischen Einflusses, sie sind nicht nach toscanischer Weise 
pilasterartig, sondern Bündel von starken säulenartigen Diensten, 
Welche den viereckigen Kern völlig umschliessen, und, wenn auch 
ziemlich Wunderlich durch ein zweckloses Kapitiilgesims unter- 
brochen, doch in kräftiger Gestalt und in richtigem Zusammen- 
hange mit den Gewölbrippen zu denselben aufsteigen. Aber nur die 
Gewölbe sind spitzbogig, die Scheidbögen, die Eingänge zu den 
Kapellen und die zweitheiligen, unter das Dach der Kapellen füh- 
renden Maasswerkfenster halbkreisförmig, die Oberlichter des 
Mittelschitfs und der über die Kapellen emporragenden Seiten- 
schide rautenförmig mit eingelegtem Vierpasse. Des Gothischen 
4'] Vgl. La certosa di Pavia, con tavole incise dai fratelli Gaetano e Fran- 
cesco Durelli. Milano 1823. Wiebeking Taf. 61, 64, 65.
	        
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