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Italienische
Gothik.
ganz lombardisch, und so wie man sich von den Alpen entfernt,
schwindet dieser Schein des Fremden. Am Dome zu Asti kann
man ihn indessen noch an den regelmässig aus viereckigem
Kerne gebildeten enggestellten Pfeilern, den Lancetfenstern,
den kräftigen Strebepfeilern und selbst an der Bildung der drei
ziemlich tief eingehenden spitzbogigen Portale erkennen, aber
übrigens ist die Faqaile mit den wechselnden Lagen weisserl
Steins und rother Ziegeln und in manchen sonstigen Eigenheiten
schon ächt italienische). Die Erbauung der Kirche wird in das
XIII. Jahrhundert fallen, da der Campanile, anscheinend der letzte
Theil des Baues, das Datum von 1266 trägt. Auch später ging
man in der Ausbildung des Gothischen nicht Weiter, vielmehr
zeigt sich auch hier schon in der zweiten Hälfte das XIV. Jahr-
hunderts das Bestreben, den Consequenzen desselben auszuwei-
chen und zu ruhigeren und einfacheren Formen zu gelangen.
Nur freilich geschah dies nicht, wie in Toscana, durch stärkere
Betonung antiker Reminiscenzen, sondern nur durch strengere
Haltung und durch Zurückgreifen auf ältere mittelalterliche For-
men, Wodurch denn Zusammensetzungen entstehn, welche dem
deutschen Uebergangsstyl entlehnt scheinen. Das merkwürdigste
Beispiel dieser Umkehr giebt die im Jahre 1373 gegründete
Kirche der Carmeliter, S. Maria del Carmine zu Paviawk),
i") Abbildungen bei Osten Taf. 17, 18, und eine Aussenansicht bei Chapuy
moyenage mon. Nro. 93. Ganz ungewöhnlich ist die Anlage des Kreuzschiffes,
welches nur durch eine polygone Altarnische von fünf Seiten des Zehnecks
über die Seitenmauem ausladet, welche demnächst auf der Chorseite weiter
gehen, so dass nicht, wie in St. Elisabeth in Marburg oder wie in S. M. delle
grazie in Mailand, ein kleeblattförmiger Schluss entsteht.
"Ü Lübke in den Mittheil. d. k. k. (l. C. Bd. V. S. 163 giebt bei Ge-
legenheit einer vortrefflichen Beschreibung, der auch die hier beifolgenden
Abbildungen entlehnt sind, das Gründungsjahr 1325 an, wahrscheinlich ohne
bessere Quelle als Förstefs Reisehandbuch, während Malaspina, Guida di Pavia
(1819) und Ricci II. 397, dieser mit Bezugnahme auf eine mir unzugänglich
gebliebene Chronik dieses Klosters von dem Padremaestro Fornari, das im
Texte angegebene Jahr nennen. Street, Brick and marble S. 206 und nach
ihm Kugler (Baukunst III. 560] geben der Kirche ausser dem im Texte an-
gegebenen Namen den von S. Pantaleone, von dem aber die angesehensten
italienischen Autoren nichts wissen und mir auch in Pavia nichts bekannt
geworden ist.