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Italienische
Gothik.
weil dieser in der Mitte der Stadt gelegene, bedeutende Platz
nicht würdig genug ausgestattet sei, hier ein Palatium zu bauen,
in dessen unterem Theile die Verehrung der Jungfrau schick-
licher stattfinde, dessen obere Stockwerke aber zur Aufbewahrung
des Getreides dienen sollten. Der Grundstein wurde 1337 ge-
legt, und 1339, als die ersten Pfeiler emporstiegen, machten die
Vorsteher der zwölf Zünfte und der Guelfengesellscbaft sich an-
heischig, dass sie an den dreizehn dazu geeigneten Stellen des
Aeussern Tabernakel mit Statuen errichten lassen wollten, ein
Versprechen, dessen Erfüllung indessen erst von 1406 an begann.
Auch der Bau selbst schritt langsam Weiter und blieb im Jahre
1348 in Folge der Pest, weil die Mittel gebrachen, nur von einem
provisorischen Dache bedeckt liegen, so dass die Vorsteher des
Baues 1350 der Siguoria vorstellten, dass die noch vorhandenen
Gerüste und selbst die Gemälde leiden müssten, wenn man die
Gewölbe nicht schnell vollendet). Dies half; man griff nun mit
Eifer an und übertrug dem Andrea Orcagna als Obermeister die
Leitung des Baues und zugleich die Ausführung eines prachtvol-
len Altares im Innern des Oratoriums, denn so nannte man jetzt
die ehemalige Loggia und nachherige Pfarrkirche. Schon 1357
schien das Werk so schön und bedeutend, dass die Republik es für
schicklich hielt, den Kornmarkt an eine andre Stelle zu verlegen,
und 1360 War es so weit vollendet, dass man dem Meister ge-
statten konnte, einem Rufe nach Orvieto zu folgen M). WVie viel
von dem gegenwärtigen Bau dem Orcagna, wie viel dem frühem
Meister nach der Grundsteinlegung von 1337 (Vasari nennt
Taddeo Gaddi, dessen Namen aber in den Urkunden nicht vor-
kommt) zuzuschreiben, ist ungewiss. Das Wesentliche der
palastartigen Anlageiißg), die grossen rundbogigen Hallen des
untern Stockwerks und die kräftigen Spitzbogenfenster der bei-
den obern wird dem älteren, die Ausstattung des kirchlichen
Raumes, die Bildung des Maasswerks in jenen jetzt zugemalrer-
ten Hallen und die der Pfeiler dem jüngern Meister angehören.
51.
und Rosen-
4'] Vgl. Matteo Villani, lib. I. cap. 57 mit Gaye
w) Gaye S 512, coll. S. 52.
"MÜ Abbildungen bei Wiebeking Taf. 70, Hope T.
guten II. 6.