Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

198 
Italienische 
Gothik. 
schmückung und führte denselben mit steigender Begierde und 
mit den grössesten Opfern durch. Es konnte keinem Zweifel 
unterliegen, dass die Pracht und selbst die räumliche Ausdehnung 
der Kirche ein Luxus waren, der die materiellen kirchlichen Be- 
dürfnisse weit überstieg; aber irgend einen Gegenstand des Ruh- 
mes zu haben, war ein Bedürfniss der italienischen Städte, und 
grade weil es dem kleinen Orvieto an Handelsreichthum und po- 
litischer Bedeutung gebrach, wurde ihm die Kathedrale, wie sich 
die Regenten der Stadt in einem officiellen Schreiben ein Mal 
ausdrücken, "Ehre, leuchtender Spiegel und Zierdeiuß). Allein 
die künstlerischen Kräfte Für s0lch' ein Unternehmen besass sie 
nicht, und wahrscheinlich war es eine Wirkung des Rufes, den 
die damals emporsteigende IPaeade von Siena erlangte, dass man 
sich nicht nach Rom, solidem nach jener entfernteren Stadt 
wendete. Nicht bloss Lorenzo Maitani, welcher dem Bau auch 
nach 1310 noch lange Vorstand, sondern auch die meisten seiner 
Vorgänger und Nachfolger stammten aus Siena, so dass die 
Stadtbehönle von Orvieto selbst noch spät, als der Bau seiner 
Vollendung entgegenrückte, es offen aussprach, dass ihre Kathe- 
drale von den Fundamenten an das Meiste den Künstlern von 
Siena verdankew"). 
Die Anlage ist einfachster Art. Ein dreischiffiges Lang- 
haus mit ziemlich niedrigen SeiteuscbiHen, schlanke Rundsäulen 
mit kleinen Blattkapitälen, halbkreisförmige Scheidbögen, ein 
kräftiges Horizontalgesims, zweitbeilige spitzbogige Ober- 
lichter mit schwachem Maasswerk, aber kein Gewölbe, son- 
dem durchweg der offne Dachstuhl. Dann der Querarm, der, 
abgesehen von zwei auf beiden Seiten anstossenden, aber nur 
durch ein Portal mit der Kirche verbundenen Kapellen, nicht über 
die Flucht der Seiteuschilfe hinanstritt, aber von Mittelschiffhöhe 
und gleich dem quadraten Chore überwölbt ist. Die ganze An- 
lage ist also mehr basilikenartig als gothisch, und die Nichtanwen- 
Ü Im Schreiben vom 12. Mai 1409 an die Signoria von Siena bei 
Milanesi II.  quae est hujus civitatis honor, speculllm atque decus. 
u] Vestri civeS in honore eximio magistratus tam incliti operis obtineant 
principatum a primordio fundamenti. So in dem eben vitirten Schreiben 
vom 12. Mai 1409.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.