Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Der 
Dom 
VOIl 
Siena. 
193 
Es war das wirklich ein ganz kolossaler Plan, dessen Aus- 
führung in der That, wie jene Meister warnten, mehr als hundert 
Jahre gedauert und enorme Summen gekostet haben würde, 
Während das Mittelschiff im alten Dome gegen 30 Fuss breit 
ist, war es hier auf etwa 47 Fuss zwischen Seitenschifilan von 
26 Fuss berechnet, und die Seheitelhöhe , die dort 75 Fuss be- 
trägt, Würde hier, wie die vorhandenen Bögen schliessen lassen, 
auf 100 Fuss gestiegen sein. Es ist auch einleuchtend, dass die 
Verbindung dieses neuen Schiffes mit dem alten auch die von 
jenen alten Meistern vorausgesetzten bedeutenden Aenderungen 
des letzten erfordert haben würde; die Abbrechung des Campanile, 
der Kuppel und sämmtlicher Gewölbe sowohl des alten Domes 
als der 'l'aufkirche, und die neue Uebertvölbung. Allein dennoch 
ist die Unterbrechung insofern zu bedauern, als die Pfeilerbildung 
dieser Trümmer edler ist, als in Italien gewöhnlich, und einen 
Meister zeigt, der den Geist des gothischen Styls besser als die 
meisten seiner Landsleute verstanden hatte. 
Das Innere des jetzigen Doms verdient, wie die oben gege- 
bene Schilderung zeigt, diesen Ruhm keinesweges, es ist mehr 
romanisch als golhisch und trägt in seinem unentschiedenen Style 
und seinen Unregelmässigkeiten das Gepräge älterer Abstammung 
und schwankender Erneuerungen. Aber es imponirt durch seine 
gediegene Pracht; es ist das würdigste Gehäuse für die Fülle 
kostbarer Kunstwerke, die es enthält; man wandelt zwischen die- 
sen marmorstrahlenden Wänden und Säulen, auf den edlen M0- 
ebenso Kugler Bank. III. 542) kannten aber nur die von Rumohr, nicht die 
von Milanesi publicirten, namentlich nicht die wichtigen Dokumente von 
1356 und 1357. Sie haben aber auch sämmtlich die Urkunde von 1339 irrig 
gedeutet, indem, wie im Texte gezeigt, darin nicht von einer blossen Ver- 
längerung des Schides (wie sie annehmen nach der Oberseite), sondern 
von der Anlegung eines ganz neuen Schiifes d. i. Langhauses gesprochen 
wird. Sonderbarerweise ist die wichtige, ja entscheidende Frage, wo die 
platea Manettorum der Urkunde vnn 1339 lag, nach welcher das neu zu 
erbauende Schiff sich strecken sollte, von keinem dieser Forscher ausdrücklich 
ins Auge gefasst. Der Platz von S. Giovanni heisst in allen Urkunden Valle 
Piatta, und eine Richtung des Baues nach dieser Seite hin (wie Burkhardt 
und Lübke wollen) ist daher dadurch nicht bezeichnet. Da der ortskundige 
Forscher Milanesi die Piazza Manetti dem Neubau entsprechend findet, kann 
ich keinen Anstand nehmen, ihm zu folgen. 
vn. 13 

	        
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