S. Maria
Fiore
ZU
Florenz.
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ungeheure Breite erhalten, wie in dergKirche des Bettelordens bei
offnem Dachstuhle. Indessen blieb er nur Wenig darunter, gab
dem Mittelschiffe ein Maass, wie es die grössten Dome des Nor-
dens nicht haben, von 53 Fuss im Liehten (etwa 60 zwischen den
Pfeilerkerncn), was hier um so kühner ist, als er die Pfeilerab-
Stände nicht wie dort schmal, sondern der Mittelschiflbreite gleich
machte, und die Gewölbe in einer Höhe von 133 Fuss unter dem
Schlusssteixie, also fast ebenso hoch wie in den schlanksten jener
Dome, anbrachte. Die Anordnung ist übrigens die gewöhnliche;
Pfeiler von möglichst geringer Stärke (SV, F uss) in kreuzförmi-
ger Gestalt mit gleichen Pilastern auf allen vier Seiten und mit
polygonförmigen Diensten in den Ecken, auf dem hohen, mit ein-
fachem Blattwerk verzierten Kapitale obere Pilaster als Gewölb-
träger, eckig profilirte Scheidbögen, in den SeitenschiHen zwei-
theilige Fenster, je eins von geringer Breite auf jedes Joch, kreis-
förmige Oberlichter. Auffallend ist nur, dass Meister Arnolfo die
hölzerne Gallerie, welche in S. Croce der klösterlichen Einfach-
heit und dem offenen Dachstuhle entsprach, auch hier in dem
Prachtbau wiederholte, wo sie nun über den Kapitälen der obern
Pilaster den Gewölbansatz ganz unmotivirt horizontal durch-
schneidet. S0 tief durchdacht der Plan, so kühn und meisterhaft
die Constrtlction ist, ist das aesthetische Resultat keinesweges be-
friedigend. Die starre und einförmige Bildungrder Pfeiler und die
weithin gedehnten schmalen Gewölbe der Seitenschiffe machen
den Eindruck des Schwerfälligen und Unbelebten, der Mangel
an anziehenden Details, der weite Pfeilerabstand, die naheliegen-
den breiten und hohen Seitenmauern, den des Leeren und Kalten.
Es giebt kaum einen kirchlichen Raum, der so wenig erhebend
oder anregend wirkt, und die sparsamen Denkmäler, Welche sich
auf den weiten Mauerllächen verlieren, beweisen, dass auch die
Frömmigkeit der Florentiner, trotz der traditionellen Bewunderung
ihres Domes, sich hier nie einheimisch gefunden hatfa).
"Ü Es ist fast komisch, wierdie Italiener dem Zugeständniss dieses Mangels
auszuweichen suchen; sie erklären ihn etwa (wie Milizia im Dizionario
düxrchibettura bei Fantozzi a. a. O. S. 326) als einen povertä preziosa, weil
Amolfo in Ermangelung der wahren, nur aus der Antike zu lernenden De-
corationsweise wenigstens die schlechte (gothische) vermieden habe.