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Italienische
Gothik.
gewissen Zöllen überwiesen. Es ist zwar nicht bewiesen, aber
sehr Wahrscheinlich, dass Arnolfo gleich anfangs das Modell an-
gefertigt g), dessen Ausführung er dann nachher mit so grossem
Ruhm verstand, dass die Bürgerschaft, mittelst Beschlusses vom
April 1300, ihm für seine Lebenszeit in den ehrenvollsten Aus-
drücken Steuerfreiheit verlieh, indem sie ihn für einen höchst be-
rühmten, im Kirchenban vorzüglich bewanderten Meister er-
klärte, durch dessen Fleiss, Erfahrung und Genie das Volk von
i") Alle italienischen Schriftsteller (z. B. Cieognara Il. 147) beginnen
ihre Erzählung von diesem Bau mit einer angeblichen Urkunde vom Jahre
1294, in welcher mit allgemeinen Reflexionen und in pomphaften Ausdrücken
dem darin als Baumeister der Stadt bezeichneten Arnolfo der Auftrag zur An-
fertigung eines Modells zu einer prachtvollen Kirche ertheilt wird. Diese
Urkunde ist indessen, wie Gaye I. 424 versichert, in den Archiven durchaus
nicht aufzufinden, auch niemals wörtlich abgedruckt, sondern nur von del Migliore
(Firenze illustrata) italienisch mitgetheilt. Vasari spricht zwar von dem Be-
schlusse der Commune in einigermaassen ähnlichen Ausdrücken, allein er nennt
ausdrücklich Giovanni Villaui als seine Quelle, dessen kurze Erwähnung
(lib. VIII. cap. 9) ich oben im Texte gegeben habe. Es ist daher sehr mög-
lich, dass Vasarfs Worte sich nur in der Phantasie des Migliore zu dem Texte
einer prima scrittura, wie er es nennt, gestaltet haben, und jedenfalls die
Existenz einer solchen Urkunde völlig unerwiesen. Uebrigens ist die Zeit
der Grundsteinlegung bestritten. Villani lässt sie an Maria Geburt (den 8. Sept.)
1294 geschehen; eine Inschrift in lecninischen Versen, welche auch Vasari
mittheilt, giebt dagegen das Jahr 1'298 (ohne Tag) an. Die Inschrift ist
aber irrig, indem der päpstliche Legat, den sie, als dabei gegenwärtig, nennt,
sich 1'296 in Florenz befand, weshalb denn ilorentinische Schriftsteller dieser
Jahreszahl den Vorzug gegeben haben. Vgl. Molini, la metropolitana fiorentina,
1820 pag. 7. Allein zu diesem Irrthum kommt noch, dass die Inschrift sich
so ausdrückt, als ob die Kirche der Jungfrau geweiht wäre [Hoc opus insigne
Florentia Regine celi construxit], während die Kirche in allen Urkunden den
alten Namen Sce Reparatae beibehält, bis im J. 1412 festgesetzt wird, dass
sie "vulgariter" Sca Maria del fiore zu nennen sei. Die Inschrift ist daher
jedenfalls lange nach der Grundsteinlegung und ohne genaue Prüfung ver-
fasst und kann die genaue Angabe des Zeitgenossen Villani nicht entkräften.
Dazu kommt, dass nach Gaye's Auszügen aus den städtischen Urkunden in
Bd. I. S. 452 die Commune schon am 11. Sept. 1294 "PFG reParatione jam
incepta Sce Reparate" 400 n. und gleich im März 1295 wieder eben so viel
bewilligt. Allerdings erfolgt dann erst am 8. Dec. 1296 die Auflegung von
Kopf- und Testamentssteuern zu Gunsten des Baues, aber dies zeigt nur, dass
damals der Eifer für den neuen Bau gestiegen und die Unzulänglichkeit der
bisherigen Mittel erkannt war.