Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Giovanni 
Pisano 
als 
Baumeister. 
171 
diese recht schlank, luftig und durchsichtig zu machen, was noth- 
wendig bei einem spitzen, tiefer unten anfangenden Bogen, 
weil er niedrigere Pfosten und grösseres Maasswerk bedingt 
hätte, nicht in dem Maasse erreicht worden wäre. Man kann be- 
haupten, dass die grosse Leichtigkeit und Anmuth dieser Hallen 
mit dem Gebrauche des Rundbogens zusammenhängt. Allerdings 
ist es uns nun auffallend, dass auf dieser zierlich durchbrochenen 
Wand nur der unverzierte oifne Dachstuhl ruht; allein bei der 
Ueberwölbung hätte weder diese YVand so leicht gehalten werden 
können, noch die gegenüberliegende so viel Raum für Malereien 
gegeben. 
Gegen Ende seines Lebens wurde Giovanni, wie Vasari mit 
ungewöhnlicher Genauigkeit und Wahrscheinlichkeit erzählt, be- 
auftragt, die Kathedrale von Prato, welche durch den daselbst 
bewahrten Gürtel der h. Jungfrau und ein demselben zugeschrie- 
benes Wunder damals in Ruf kam, zu vergrössern und durch 
Bekleidung des Aeusseren zu schmücken. Er löste diese Aufgabe 
sehr geschickt, indem er statt des kleinen Chors der alten Basi- 
lika dem Schiffe derselben ein Kreuzschiff mit fünf rechtwinkeligen 
Altarnischen, also eine Anlage wie an den Klosterkirchen anfügte, 
dieselbe aber um ein Paar Stufen erhöhte und durch Anwendung 
des Spitzbogens und gothischer Gewölbedienste schlanker und 
ansehnlicher machte. Auch die Ausstattung des Aeussern mischt 
gothische und romanische Formen mit ächt toscanischer Anmuth 
und Einfachheit und mit sehr gelungener Benutzung des verschie- 
denfarbigen Marmors fürdie Betonung der einzelnen 'l'heile'-t). 
Giovanni starb schon 1320, drei Jahre nach dem Beginne 
dieses Vergrösserungsbaues, der daher von Andern fortgesetzt 
sein wird , und namentlich ist der schlanke und reich ausgelegte 
Campanile dieses Domes nicht von ihm, sondern von einem Sene- 
ser Meister Niccolo di Cecco um 1340 erbaut. Noch Weniger 
hat er an S. Domenico in Prato Antheil, da diese ein- 
a) Wiebeking Taf. 26, Lübke Mitth. V. 173. Grundriss und Durchschnitt. 
Vergl. Ricci II. 263. 314, der hier nach einer mir unzugänglich gebliebenen 
Beschreibung dieses Domes von dem Erzbischof Baldanzi (1846) ebenfalls un- 
gewöhnlich klar und genau spricht. Ueber den Thurm s. d. Note der Heraus- 
geber des Vasari I. 279.
	        
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