Giovanni
Pisano
als
Baumeister.
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diese recht schlank, luftig und durchsichtig zu machen, was noth-
wendig bei einem spitzen, tiefer unten anfangenden Bogen,
weil er niedrigere Pfosten und grösseres Maasswerk bedingt
hätte, nicht in dem Maasse erreicht worden wäre. Man kann be-
haupten, dass die grosse Leichtigkeit und Anmuth dieser Hallen
mit dem Gebrauche des Rundbogens zusammenhängt. Allerdings
ist es uns nun auffallend, dass auf dieser zierlich durchbrochenen
Wand nur der unverzierte oifne Dachstuhl ruht; allein bei der
Ueberwölbung hätte weder diese YVand so leicht gehalten werden
können, noch die gegenüberliegende so viel Raum für Malereien
gegeben.
Gegen Ende seines Lebens wurde Giovanni, wie Vasari mit
ungewöhnlicher Genauigkeit und Wahrscheinlichkeit erzählt, be-
auftragt, die Kathedrale von Prato, welche durch den daselbst
bewahrten Gürtel der h. Jungfrau und ein demselben zugeschrie-
benes Wunder damals in Ruf kam, zu vergrössern und durch
Bekleidung des Aeusseren zu schmücken. Er löste diese Aufgabe
sehr geschickt, indem er statt des kleinen Chors der alten Basi-
lika dem Schiffe derselben ein Kreuzschiff mit fünf rechtwinkeligen
Altarnischen, also eine Anlage wie an den Klosterkirchen anfügte,
dieselbe aber um ein Paar Stufen erhöhte und durch Anwendung
des Spitzbogens und gothischer Gewölbedienste schlanker und
ansehnlicher machte. Auch die Ausstattung des Aeussern mischt
gothische und romanische Formen mit ächt toscanischer Anmuth
und Einfachheit und mit sehr gelungener Benutzung des verschie-
denfarbigen Marmors fürdie Betonung der einzelnen 'l'heile'-t).
Giovanni starb schon 1320, drei Jahre nach dem Beginne
dieses Vergrösserungsbaues, der daher von Andern fortgesetzt
sein wird , und namentlich ist der schlanke und reich ausgelegte
Campanile dieses Domes nicht von ihm, sondern von einem Sene-
ser Meister Niccolo di Cecco um 1340 erbaut. Noch Weniger
hat er an S. Domenico in Prato Antheil, da diese ein-
a) Wiebeking Taf. 26, Lübke Mitth. V. 173. Grundriss und Durchschnitt.
Vergl. Ricci II. 263. 314, der hier nach einer mir unzugänglich gebliebenen
Beschreibung dieses Domes von dem Erzbischof Baldanzi (1846) ebenfalls un-
gewöhnlich klar und genau spricht. Ueber den Thurm s. d. Note der Heraus-
geber des Vasari I. 279.