Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Italienische 
Gothik. 
Der Plan?) bezweckt nämlich offenbar den Kuppelbau der 
Marcuskirche zu Venedig mit der abendländischen Form des 
lateinischen Kreuzes und dies alles noch mit den X7orzügei1 des 
neu aufgekommenen Spitzbogenstyls zu verbinden. Die in der 
Lombardei wohlbekannte Anlage mit quadraten Gewölben wurde 
dabei als der Kuppelanlage am besten entsprechend zu Hülfe ge- 
nommen. Das Langhaus, der westliche Kreuzarm hat daher nicht 
wie in S. Marco nur eine Kuppel, sondern zwei, und neben 
jeder in jedem Seitenschiffe zwei Kreuzgewölbe von halber Breite 
und Höhe. Diese Kuppeln, wie in S. Marco, von mächtigen aber 
getheilten und so.Durchgänge bildenden Pfeilern zu umgeben, 
schien hier unnöthig; es genügte, sie durch schlankere, aber massiv 
lllld undurchbrochen vom Boden aufsteigende Pfeiler zu stützen. 
deren Verbindung auf allen vier Seiten zwar auch wie dort durch 
Tonnengewölbe bewirkt ist, aber durch sehr viel schmalere, die 
eigentlich nur die Gestalt und Bedeutung eines starken halb- 
kreisförmigen Gurtbandes haben und so den Zwickeln der Kup- 
pel Haltgeben. Diese Pfeiler sind kreuzförmig, doch mit geringer 
Ausladung, so dass in den Ecken eine schlanke Säule Raum fin- 
det, und ihre Verbindung ist nicht wie dort durch drei prachtvolle 
Säulen, sondern durch einen überaus einfachen Mittel pfeiler bewirkt, 
der mit den Hauptpfeilern aber durch Spitzbögen verbunden ist 
nicht mehr. Wenn daher einige Schriftsteller, wie es noch heute geschieht. 
unserm Meister gewisse Gebäude wegen ihres Verhältnisses zu seinen 
nsichern" Bauten ab- oder zusprechen, so ist das ohne allen Grund. 
Ebenso unbegründet ist es aber, wenn Rumohr (II. 158] wegen der in seinen 
Bildwerken ersichtlichen Hinneigung zur antiken Plastik auch eine Hinneigung 
zur römisch-christlichen Baukunst, im Gegensatze zur Gothik, bei ihm ver- 
muthet, und ihm daher alle gothischen Bauwerke absprechen und von allen 
von Vasari angeführten nur den schönen rundbogigen Glockenthurm von 
S. Niccolö in Pisa (Wiebeking Taf. 74) zugestehen will. Denn seine Kanzeln 
von Pisa und Siena enthalten (wenn auch in Rundbögen) gothisches Maass- 
werk lmd zeigen also, dass er gothische Form kannte und nicht verschmähete. 
Der Gegensatz erschien den damaligen Italienern nicht so schroff und sie 
waren zu kühn und jugendlich. um sich nicht auch in Verschiedenartigem 
zu versuchen. 
3') Nachdem dieser Abschnitt bereits geschrieben, kommt mir ein Auf- 
satz von Essenwem in den Mitth. der k. k. 0.0. 1863 S. 69 H. zu, der das 
Architektonische näher kritisch beleuchtet.
	        
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