160
Italienische
Gothik.
ben seien. Er ging daher, indem er sich nach den durch die Sage
diesen Meistern beigelegten Bauten ein Bild ihrer Eigenthüm-
lichkeit machte, aus Werk, die ihm bekannt gewordenen Bauten
unter sie zu vertheilen, wobei denn, da diese Werke in verschie-
denen Gegenden Italiens lagen und ihre Stiftung sich an die Na-
men bestimmter Fürsten oder andrer historischer Personen knüpfte,
sich auch für jeden einzelnen seiner Künstler ein recht bewegtes
Leben und eine erzählbare Geschichte ergab. Dazu kam denn,
dass schon die Ueberlieferuxigen, denen er folgte, theils verschie-
dene Persönlichkeiten zusammengeworfen, theils sie mit einander
in verwandtschaftliche oder andre Beziehungen gebracht hatten,
was ihn in der Meinung bestärkte , dass die Kunst eben nur von
einer kleinen Gruppe von Meistern ausgegangen sei. Daher
nimmt er denn keinen Anstand, dem deutschen Meister von
Assisi, den er mit einem gewissen Lapo, einem Schüler des Niccolb
Pisano, verwechselt, dann dem Arnolfo, den er zu einem Sohne
dieses Jakob oder Lapo macht, dem Margaritone von Arezzo, be-
sonders aber dem Niccolb Pisano, eine grosse Reihe von Bauten
beizulegen. Dieser erscheint bei ihm geradezu als der tonange-
bende Architekt des dreizehnten Jahrhunderts, als der einfluss-
reichste Verbreiter des "deutschen" Styls. Dass Niccolö, obgleich
vorzugsweise als Bildhauer berühmt, auch Baumeister gewesen
ist, ist nicht zu bezweifeln, theils weil beide Geschäfte damals
gewöhnlich verbunden waren, theils weil eine Klausel in seinem
Contracte über die Kanzel von Siena zeigt, dass er als solcher
am Dom und Baptisterium von Pisa beschäftigt warst). Allein
wir wissen kein Gebäude, das ihm mit Gewissheit zugeschrieben
"j Er verspricht in diesem Contracte v. 5. Oct. H66 (Milanesi I. 146),
sich während der Arbeit in Siena aufzuhalten, jedoch mit dem Vorbehalt,
dass er viermal jährlich immer auf 14 Tage nach Pisa reisen könne, theils
seiner eignen Angelegenheiten wegen, theils pro factis operis S. Mariae
majoris eccl. Pisane et ecel. S. Joh. Baptiste ad consiliandum ipsa
opera. Besonders diese Worte (welche bei Rumohr II. 147 fehlen] zeigen
deutlich, dass es sich nicht um Sculpturen, sondern um die fortlaufenden
Bedürfnisse des Baues handelte, und dass er als ein erfahrener Baumeister
da; beständige Rathgeber der Bauherren war. Eben dies Verhältnigs macht
es aber auch unwahrscheinlich, dass Niceolö auch die Bauten in Venedig,
Padua und Neapel, welche Vasari ihm beilegt, übernommen habe.