Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Niccolö 
Pisano 
als 
Baumeister. 
159 
bis- in das Kreuzschiff und so weit vorgerückt, dass die Leiche 
des Heiligen aus der alten Kirche in eine, jedoch nur provisorisch 
dazu bestimmte Stelle der neuen übertragen werden konnte. Die 
alte Kirche S. Maria wurde nun, so Weit sie dem neuen Bau hin- 
derlich war, abgebrochen, und derselbe schritt vermittelst einer 
ziemlich bedeutenden Summe, welche die Commune jährlich bis 
zur Vollendung beizustenern versprach, rasch weiter, so dass das 
gewaltige Gebäude im Jahre 1307 im Wesentlichen und 1350 
sogar mit Inbegriff der zwei schlanken Glockenlhürmetund der 
vorderu sechs Kuppeln vollendet war. Die siebente niedrigere 
Kuppel wurde erst viel später hinzugefügt ü). Vasari schreibt den 
Plan dieses Gebäudes, wie so vieler andrer, dem berühmten Bild- 
hauer Niccolö Pisano zu, und noch immer folgen italienische 
Schriftsteller dieser Angabew). Allein Vasari ist für diese ältere 
Zeit und besonders für die Baugeschichtc, durchaus unglaubwür- 
dig; fast in allen Fällen, wo man Urkunden entdeckt hat, sind 
seine Behauptungen widerlegt und auch da, wo es an bestimmten 
Beweisen fehlt, zeigt doch sein Vortrag, dass er nur von ganz 
unsichern Vermuthungen ausgegangen. Es war verhängnissvoll, 
dass er seinem YVerke die biographische Form gab, und doch 
damit in Zeiten hinabstieg, wo nicht bloss das biographische 
Material völlig fehlte, sondern auch die Kunstiibung noch gar 
nicht den persönlichen Charakter hattewm). Indem ihm nun aus 
diesen frühen Zeiten die Namen Weniger Meister bedeutungsvoll 
entgegenklailgen, entstand bei ihm die Vorstellung, dass diesen 
alle oder doch die bedeutendsten Bauwerke ihrer Zeit zuzuschrei- 
i] Vergl. über alle diese Daten des Padre Bern. Gonzati, Basilica di S. An- 
tonio, Padova 1852, 2Vol. fol. mit vielen Abbildungen und Urkunden; eine 
sehr vollständige, kritische Monographie, vielleicht die beste, deren irgend 
eine italienische Kirche sich erfreut. 
im] S0 unter Andern Cicognara und selbst der sonst kritische Gonzati. 
Man entschliesst sich in Italien nicht leicht, auf den Klang eines berühmten 
Namens zu verzichten. 
 Schon Rumohr, Ital. Forsch. II. 158 macht mit Beziehung darauf, 
dass Vasari dem Niccolö und andern Meistern seiner Zeit oft die Zeich- 
nung von Gebäuden beilegt, darauf aufmerksam, dass in den italienischen 
Freistaaten des Mittelalters, wie die Urkunden ergaben, beträchtliche Bau- 
werke niemals ganz nach einem Plane durchgeführt wurden.
	        
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