Aeusseres
der
Kirchen.
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Begründung viel zu kümmern. Vor allem sagen ihnen die Spitz-
giebel und Fialen zu; in ihnen besteht auch noch für die heutigen
Italiener das VVesentliche des gothischen Styls. Bald werden sie
in grössestem Maassstabe als Bekrönung der Facade auf den drei
Schiffen des Langhauses, bald in übermässiger Wiederholung an
allen Fenstern und an ganzen Aroadenreihen angebracht, zuweilen
ganz ohne Begründung auf grade Gesimse gestellt. Bei decorati-
ven Kunstwerken, Altären, Bildtafeln u. dgl. herrschen sie in einem
solchen Grade, wie es im Norden nie der Fall gewesen war, und
in allen Fällen sind sie, vermöge des italienischen Geschmackes,
viel derber gebildet wie dort. Auch das Maasswerk sagte ihnen,
selbst bei rundbogigen Fenstern, sehr zu. Aber es blieb ihnen stets
ein blosses Formenspiel, bei dem sie nach dem Zusammenhange
mit den übrigen Theilen nicht viel fragten. Die Pfosten behalten
stets den Charakter der Säulen, werden oft von anderm Marmor,
oft mit gewundenen Stämmen, immer mit vollständigen Kapitälen
gebildet, das obere Maasswerk ist bald einfach geometrisch, bald
aber, ohne Unterschied der Zeiten, aus ziemlich" willkürlichen
Verschlingungen gebildet, unter welche sich häufig Rundbögen
mischen.
Die Fenster sind in den Kirchen meistens schlank und hoch,
nur zwei- oder dreitheilig, und haben häufig einen Querbalken mit
eignem Maasswerk; ihre Vertiefung ist gering, dagegen liebt
man sie im Aeussern durch besondern Schmuck von gewundenen
Säulen oder eingelegter Arbeit auszuzeiehnen. In bürgerlichen
Bauten erhält das hier vorzugsweise angewendete rundbogige
Fenster häufig über niedrigen Säulen statt des Maasswerkes
dünne ornamentirte oder mit einzelnen Oeffnungen versehene
Steinplatten. An Kirchen ist diese Fensterform seltenere), da-
gegen die kreisförmige sehr beliebt, namentlich für Oberlichter.
Auch bleiben Radfenster die Hnuptzierde der Faeade, indem sie
mit reichem lilaasstverk ziemlich regelmässiger Art gefüllt und
oft von einem Quadrat umrahmt sind, dessen Ecken dann plasti-
sehen Schmuck erhalten.
Sie kommt an den beiden,
Faqaden des Doms zu Cremona vor.
Staates II. S. 98 h".
in den Jahren 1274-1284 hergestellten
Mittelalt. Kunstdenkm. d. österr. Kaiser-