S. Francesco zu Assisi.
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schifiigen Unterkirche und einer einschifiigen, auf den Pfeilern
derselben ruhenden Oberkirche durch die Erinnerung an jene hei-
mischen ihm wohlbekannten grossen Werke klar gemacht hat.
Er konnte solche von dorther mitgebrachten Grundrisse hier fast
gradezu anwenden. Dadurch kam er zunächst auf die quadratische
Pfeilerstellung, eine Einrichtung, für die er in den italienischen,
Kirchen dieser Gegend kein Vorbild fand, die bei einschiffigen
Kirchen überall noch nicht vorgekommen war, und von der man
grade um diese Zeit selbst in den dreischifligen lombardischen
Domen gern abwich und statt der quadraten längliche Gewölb-
felder herstellte. Dies aber führte ihn wieder auf die Säulen-
bündel; denn bei den weiten Abständen dieser Dienste war die
einfache Halbsäule zu nüchtern und bei der leichten Haltung des
ganzen Gebäudes der Pfeiler mit viereckigem Kern zu schwer.
Allerdings hätte ein französischer Meister in Erinnerung an die
etwas älteren, mit quadratischen Gewölben versehenen Dome
seiner Heimath auf dieselben Gedanken kommen können. Allein
bei der Vorliebe der Franzosen für ihre Sitten und bei der ge-
rechten Begeisterung, welche sie damals für ihr neues System
hatten, würde es ihm schwer geworden sein, auf die volle Con-
sequenz desselben und namentlich auf die neue Erfindung der
schmalen Gewölbfelder zu verzichten und sich italienischen An-
schauungen zu fügen. Dem Deutschen musste dies leichter wer-
den, da er schon in seiner Heimaih die Aufgabe der Acclimatisation
dieses fremden Styls gehabt hatte, und da der deutsche Romanismus
ihm das Verständniss für das antikische Form- und Raumgefühl
der Italiener eröffnete.
In dieser bahnbrechenden Arbeit der Uebersetzung des go-
thischen Styls in italienische Gefühlsweise liegt die grosse Be-
deutung dieses Gebäudes, nicht darin, dass es unmittelbares Vor-
bild für viele andere Bauten wurde. Dies geschah vielmehr nur
ein Mal und zwar in Assisi selbst, bei der Kirche der h. Clara,
der Schülerin und Nachfolgerin des h. Franz, welche von Philip de
Campello, dem unmittelbaren Schüler des deutschen Meisters, gleich
nach der Beendigung von S. Francesco 1253 begonnen wurde 95].
f) Die Nachahmung der Oberkirche ist hier eine so sclavische, dass selbst
die Strebebögen, die dort auf der Unterkirche ruhen, hier mit herüberßßllümülßn