S. Francesco
Zll
Assisi.
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fügt, dass sie bei der Einrahmung jener Wandbilder ganz ohne
Rücksicht auf die Gliederung der anstossenden Pfeiler verfahren
sind und sie in völlig antikisirenden Formen durch römische Säulen
und horizontales Gebälk bewirkt haben.
Die Mauern der Oberkirche werden von starken, aber schmuck-
losen halbkreisförmigen Strebebögen gestützt, die auf den Aussen-
wänden der Unterkirche ruhen, und auf der nördlichen Seite des
Langhauses steigt ein ziemlich hoher mit Lisenen geschmückter
viereckiger Thurm auf, welcher, wie Vasari erzählt, früher eine
hohe achteckige, später wegen Gefahr des Einsturzes abgetragene
Spitze hatte. Die gewaltigen Substructionen, welche, sich dem
Berge entgegenstemmend, Kirche und Kloster sichern, und der
ganzen Anlage schon von fern einen überaus imposanten Cha-
rakter geben, sind erst 1480 von Baccio Pintelli hinzugefügt.
Auch einzelne Theile der Kirche sind gewiss jünger als die
Weihe von 1253. Ausser Zweifel ist dies von den Zwergarcaden
im Innern des Querschiffes, die mit ihren steilen Spitzgiebeln ganz
der specitisch italienischen Gothik des XIV. Jahrhunderts ange-
hören; aber auch die viertheiligen Fenster der Kreuzfacaden und
die beiden grossen Portale können nicht dem Plane des Meisters
von 1228 angehören, da damals so vollständig entwickeltes Maass-
werk selbst in Frankreich nur in einzelnen Fällen und in Deutsch-
land noch gar nicht vorgekommen war.
Man hat gezweifelt, ob der Meister von S. Francesco ein Deut-
scher gewesen sein könne, weil die Details mehr der damaligen
französischen, als der deutschen Bauweise entsprächen Allein
wenn man (abgesehen von den eben erwähnten unzweifelhaft
i) Kugler Gesch. d. Baukunst III. 539. Auch der Text zu GailhabaucPs Blät-
tern scheint der Oberkirche einen französischen Charakter zu vindiciren, indem
er sie der St. Chapelle von Paris gleichend findet. Allein [abgesehen davon,
dass die 1243 begonnene Pariser Kapelle nicht 1228 Ilatlhgeahmt werden
konnte] ist auch jene Aehnlichkeit nur eine sehr entfernte. Da die Wandfelder,
welche dort die halbe Breite des Mittelschiffes haben und ganz durch das
Fenster durchbrochen siid, hier die ganze Breite und nur in der Mitte
dieser Fläche ein kleines Fenster haben, also das Princip der Anordnung
der Oberkirche ein anderes ist, bleibt nichts Aehnliches übrig, als das natür-
liche Verhältniss zwischen einer breiteren Unter- und einer schlankeren Ober-
kirche.