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Italienische
Architektur.
tiden ruhenden Säulen eine völlig lombardische Form, welche
freilich über die Alpen drang und selbst in Salzburg und in Rei-
chenhall vorkommt.
Sehen wir hier einen italienischen Meister, der sich der con-
sequenten Kunst des Nordens anschliesst, so fehlte es auch nicht
an fremden Meistern, welche sie nach Italien brachten. Zunächst
werden auch hier, in der Lombardei, die thätigen Cistercienser
gewirkt haben. Namentlich beweist dies das grosse Kloster
Chiaravalle im Mailänder Gebiet, dessen erste kleine, im Jahre
1135 nach einem Besuche des h. Bernhard gegründete Kirche am
Ende des Jahrhunderts nicht mehr ausreichte und durch einen
Neubau ersetzt wurde, der 1221 eine Weihe erhielt?) Es ist
die in diesem Orden gewöhnliche Anlage; ein umfassendes Lang-
haus mit acht ziemlich schweren und breiten Pfeilern auf jeder
Seite, und ein breites Querschiff, an das sich neben dem Chore
auf jeder Seite drei Kapellen anschliessen. Der colossale Bau auf
der Vierung, der, von breiter achteckiger Basis in drei Abstufun-
gen mit Zwerggallerien aufsteigend, einen schlanken achteckigeil
Thurm mit hoher gemauerter Spitze trägt, eine besonders bei
einer Cistercienserkirche auffallende Erscheinung, wird einer
spätem Zeit angehören; auch der Bau der Kirche, im östlichen
Theile mit schlanken rundbogigen, mit einer Kreisöflirung grup-
pirten, im westlichen mit spitzbogigeit Fenstern, trägt schon den
Charakter des gothischen Styls, aber mit einer Einfachheit und
Eleganz, Welche ihn den Italienern zugänglich machen konnte.
Sehr merkwürdig ist dann die Entstehung der Kirche S. An-
drea zu Vercelli. Der Kardinal Jacopo Guala Bicchieri, der als
Legat mehrere Jahre in England zugebracht hatte, erhielt bei
seiner Rückkehr von I-Ionorius III. den Auftrag, den Clerus von
Vercelli zu reformiren, wobei er dann als ein Denkmal seiner An-
WßSßHheit diese Kirche gründete, ihre Vollendung betrieb und
"Ü Eine nicht mehr erhaltene Inschrift gab nebst dem Jahre der Stiftung
auch das Datum dieser, durch den Erzbischof Heinrich von Mailand voll-
zogenen Weihe an. Ricci a. a. O. II. 183 und 212. Nur Ansichten des
Aeussern sind von Gally Knight II. Taf. 4 und Wiebeking Taf. 76 publicirt
und es fehlt selbst an einer kritisch genauen Beschreibung, so dass ich, da
ich leider die Kirche nicht selbst besucht habe, nur Ricci's Angaben folge.