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Italienische
Architektur.
energisch gebildeter Löwen tragen einen zur Ausstellung von
Heiligthümern oder zu Anreden bestimmten, von einem auf einer
zweiten Säulenstellung ruhenden Dache bedeckten Balkon. Ueber
oder neben diesen Vorhallen sind dann bald mehr bald weniger
ausgebreitete Zwerggallerieen angebracht, darüber entweder die
grosse Fensterrose oder auch eine zweite Arcadenreihe, die dann
aber nicht unmittelbar auf der ersten, sondern erst nach einer,
durch keinen augenscheinlichen Grund bedingten Lücke folgt,
auch gewöhnlich von jener untern spielend abweicht. Und endlich
schliesst sich jenem breiten Giebel eine solche Gallerie an, von
gleichhohen aber auf stufenweise aufsteigender Basis stehenden
Säulen gebildet. Neben diesen durchweg vereinzelt auf der Fläche
schwebenden Zierfoimen sind dann noch wohl vermehrte Lisenen,
kleinere Bundfenster, Rundbogenfriese und Aehrlliches oder auch
wohl phantastische Sculpturen angebracht, namentlich pflegen die
Portale und die V orhallen mit solchen geschmückt zu seine).
Der Charakter dieser Facaden ist daher keinesweges so regel-
mässig, anmuthig und milde, wie der jenertoscanischen, sondern
eher pikant, fast wild, und es konnte nicht fehlen, dass man sich
bei allem Reize dieser phantastischen Gestaltungen doch nach
einem klarem Principe besserer Anordnung umsah.
Von den Bestrebungen der zweiten Hälfte des XII. Jahrhun-
derts erhalten wir fast nur durch kleinere Werke Auskunft. Dem
Bedürfnisse nach grossen Kathedralen war durch die in der ersten
Hälfte des Jahrhunderts oder früher begonnenen grandiosen, oft
noch unvollendeten oder gar der Aenderung unterworfenen An-
lagen abgeholfen und man schritt nun zur Ausstattung ihrer Um-
gebungen. Namentlich entstanden um diese Zeit eine Reihe von
Baptisterien. Diese kleinen Gebäude, deren Bestimmung als
Umrahmung des 'l'aufbeckens sich am besten in kreisähnlicher
Gestalt ausspricht und sich zu reicherer Ausstattung empfiehlt,
4') Abbildungen solcher Faqaden, der Dome zu Modem, Parma, Piacenza
bei Osten, Bauwerke der Lombardei Taf. 35, 37, '23, der Dome zu Verona,
Ferrara, Piacenza, Parma, S. Michele zu Pavia bei Hope Taf. 27-32, der
Kirchen zu Pavia bei Agincourt Taf. 24 Nro. 15, Taf. 64 Nro. G, der (nur
in ihrem untem Theile erhaltenen] des Doms zu Cremona in den mittelalterl.
Kunstdenkm. des österr. Kaiserstaates II. Taf.19. S. auch oben IV. 2. S. 192. 213.