Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Italienische 
Architektur. 
Material benachbarter Steinbrüche angewiesen, hatten dabei aber 
den Vorzug, mehr aus dem Vollen zu arbeiten und in der Wahl 
der Formen unbeschränkter zu sein. Dazu kam dann das Klima 
mit seinen grösseren Ansprüchen an Zweckmässigkeit und Soli- 
dität der Construction, und besonders endlich die Stimmung der 
Bevölkerung. Statt jener südlichen Sorglosigkeit, die im Genusse 
des Tages lebt und die Mühe künstlicher Constructionen scheut, 
war hier unter steten hartnäckigen Kämpfen bei dem früh erwach- 
ten Streben nach politischer Selbstständigkeit ein ernsterer Sinn 
gebildet, der mehr für Grossartiges und Kühnes, als für heitere 
Anmnth empfänglich war. Dieser grössere Ernst hing zusammen 
mit der stärkeren Beimischung germanischen Blutes und wurde 
durch den steten Verkehr mit den angränzenden Ländern genährt. 
Dazu kam denn endlich, dass die Maurer und Bauleute, deren sich 
die Städte bedienten, grosserltheils von dem äussersten Nordrande 
Italiens, aus dem Alpenlande von Como und Lugano stammten 
und diese nordischen Einflüsse in stärkerem Maasse hatten; 
Schon in den Gesetzen der longobardischeil Könige kommen 
„Magistri comacini" als Genossenschaften von Steinmetzen und 
Baumeistern vor, und noch im XIII. und XIV. Jahrhundert stam- 
men die meisten Baumeister in der Lombardei, deren Ursprung die 
Inschriften angeben, aus dieser Gegend. Wir ersehn also, dass 
die Bewohner dieser 'l'l1äler vorzugsweise dies Gewerbe übten und 
dafür anerkannt und gesucht waren k), und wir finden sie so sehr  
im Besitze derselben, dass sie in vielen Fällen die Vollendung der 
ihnen übertragenen Bauten für sich und ihre Erben stipuliren 
durften WF). Es ist also ein ähnlicher erblicher Betrieb wie bei den 
i") In Siena bilden noch im Jahre 1473 die Maestri Lombardi, unter 
deren Vorstehern einer als aus Lugano bezeichnet ist, eine besondere Ge- 
nossenschaft innerhalb der grossen Zunft der Steinmetzen. Milanesi, Do- 
cumenti I. S. 126. Auch sonst und bis in das XIV. Jahrh. hinein weisen 
die Insehriften (in Pisa im Baptisterium, in Pistoja u. s. w.) solche Comasken 
in Toscana nach. 
w") In Modena schlossen die Vorsteher des Dombaues mit dem Meister 
Anselm aus Campilione in der Diöcese von 00m0 (am Luganer See, auch 
Campiglione, Campione genannt] einen Vertrag, wonach er selbst und jeder 
von ihm abstammende Meister am Dombau lebenslänglich gegen einen Tage- 
lohn von 6 Imperialien beschäftigt werden solle (Tiraboschi, Memorie storiche
	        
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