Baptisterium
ZU
Pisa.
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stämme von vortreiilichster Ausführung, namentlich sind die klei-
neu Köpfe an den Bogenansätzen der Gallerie plastische Meister-
werke. Häufig sind antike Ueberreste verwendet, selbst die acht
grossen Granitsäulen des Innnern sind zum Theil antik und un-
gleichen Maasses, und von den korinthischen Kapitälen zeigen
einige noch die Embleme heidnischer Götter. Aber auch an den
zur Zeit des Baues gearbeiteten ist das Blattwerk mit grosser
Freiheit und mit unverkennbarem Verständniss der antiken M0-
tive ausgeführt, auch scheint es eine antike Reminiscenz, dass
die Säulen und Pfeiler des Innern sämmtlich (was auch schon im
Dome theilweise vorkommt) einen architravartigen Aufsatz haben.
Dagegen enthalten die Mosaiken des Bodens sehr bekannte mau-
rische Muster, welche, da die Anwesenheit maurischer Arbeiter
nicht anzunehmen ist, nach im Orient aufgenommenen Zeichnun-
gen gefertigt sein werden. Jene Anhänglichkeit an die Antike
that also nicht bloss der Freiheit eigner Erfindung, sondern auch
der Empfänglichkeit für fremde Leistungen keinen Abbruch.
Lange ehe die Taufkirche vollendet war, begann man den
dritten Prachtbau des Domplatzes, den Glockenthurm. Das
Jahr der Gründung 1174 ist durch eine Inschrift festgestellt und
als Baumeister werden laut alter Tradition, Bonanno, der als Bildner
in Erz noch später zu erwähnen ist, und ein Deutscher, Wilhelm
von Inspruck, genannt, von dem übrigens sonst nichts bekannt
ist ff) und dessen fremde Herkunft sich auch in dem Gebäude nicht
zu erkennen giebt. Dieses ist vielmehr eine sehr rationelle, aber
auch etwas trockne Ausbildung des ächt italienischen Gedankens
eines selbstständigen Glockenthurms und zwar vermittelst des
pisanischen Arcadenschmucks. Der Thurm ist nämlich nicht wie
gewöhnlich viereckig, sondern (bei seiner Isolirung ganz con-
sequent) cylindrisch gebildet und zwar in sieben Stockwerken,
einem grössern Untergeschosse und sechs kleineren Geschossen
von ungefähr gleicher Höhe und doppelter Säulenzahl ihrer frei-
stehenden Arcaden. Welchen Abschluss nach oben man ursprüng-
Vasari im Leben des Arnolfo sagt nur, dass dieser Wilhelm, "wie er
glaube", ein Deutscher gewesen. Die nähere Angabe des Geburtsortes beruht
auf der (muthmaasslich auf eine archivalische Nachricht gegründeten) Angabe
des Schottländers Dempst-er, der im XVTI. Jahrhundert Professor in Pisa war.