Frühe
toscanische
Schule.
81
Regionen oder Schulen, den Kirchenstaat, die Lombardei und
Toscana. In dem ersten war noch nicht einmal der Anfang einer
architektonischen N eubildung gemacht. In der L 0 m b a r d e i
strebte man mit Hülfe fremder Formgedankexi nach einem festern
Systeme und übte sich im Gewölbebau, in Venedig nach byzan-
tinischen Vorbildern, in der Lombardei mehr in germanischer
Weise. In Toscana endlich zeigte sich schon damals die dieser
Gegend eigenthümliche Feinheit des Sinnes, indem man bei fort-
dauernder Benutzung antiker Fragmente an den altchristlichen
Formgedauken nicht bloss festhielt, sondern sie aus der bisheri-
gen Vernachlässigung herzustellen und neu zu gestalten suchte.
Es führte dies gegen Ende des XI. und im Anfange des XII.
Jahrhunderts zur Entstehung zweier verwandter, aber doch ver-
schiedener Schulen. Die eine, welche ihren Sitz hauptsächlich in
Florenz hatte, schloss sich unmittelbar nachahmend au die Antike
an und war dabei in (lecorativer Hinsicht so glücklich, dass manche
ihrer Arbeiten im feinen Verständniss des antiken Systems und
in heiterer Anmuth mit der Frührenaissailce des XV. Jahrhun-
derts wetteifern und Zweifel über die Möglichkeit ihrer Entstehung
in so früher Zeit erweckt haben. Allein diese zarte WVeise, deren
höchste Leistung die Facade von S. Miniato al monte ist War
Ü Seit ich in Band IV. Abth. 2 S. 192 über diese Kirche sprach, haben
Burckhardt (Cicerone S. 101, 111) und Kugler (Gesch. d. Bauk. II. 62) sie an
das Ende des XII. oder den Anfang des XIII. Jahr-h. verweisen wollen, während
ich durch neue Betrachtung der meisten hieher gehörigen Bauten und durch
eigne Anschauung der mir früher nur durch Rumohfs Mittheilungen (Ital.
Forsch. III. 206) bekannten, für das Chronologische entscheidenden Facade
der Kathedrale von Empoli meine irühere Ueberzeugung befestigt habe. Diese
Kirche ist im XVI. Jahrhundert wesentlich verändert, indem sie statt der frühem
dreischiffigen Anlage ein breites SchüT mit kleinen Kapellen erhalten hat, wobei
denn auch der obere Theil der Facade diesem breiteren Oberschiife angepasst
werden musste. Doch scheinen auch hier ältere Theile verwendet, und jeden-
falls ist der untere Theil der alten Facade vollständig erhalten. Er besteht,
ganz ähnlich wie in S. Miniato, aus fünf Arcaden, von denen jedoch nur die
mittlere ein Portal enthält, die vier andern aber in schwarzem Marmor auf
weissem Grunde durch längliche Rechtecke und darüber durch Kreise mit
Kreuzen verziert sind. Ueber den Bögen läuft ein Gesims mit plastisch hervor-
tretenden Löwenköpfen von strenger, guter Arbeit, und dann ein breiter Fries
mit der ausführlichen Inschrift (deren Anfang Rumohr a. a. O. mittheilt), in
vn. 6