Tracht.
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gungslust und mit der ganzen Aeusserlichkeit dieses Zeitalters,
die wir jetzt näher betrachten Wollen.
Fangen wir dabei mit den Elementen an, nämlich mit der
Tracht Schon an ihr erkennen wir die grosse Verschie-
denheit dieser Epoche von den vorhergegangenen. Seit dem
Anfange des Mittelalters bis um diese Zeit War "die Kleidung,
trotz aller Klagen eifriger Sittenrichter, fast unverändert ge-
blieben; jetzt dagegen finden wir sie in beständigem Wechsel,
Der Verfasser der Limburger Chronik zählt im Laufe von
vierzig Jahren sieben solche Aenderungen auf. Er ist sich be-
wusst, dass sie plötzlich und lannenhaft erfolgen. Wer heuer,
bemerkt er einmal, ein Meister unter den Schneidern sei, Werde
übers Jahr nur ein Knecht sein. Die Mode im neueren Sinne des
XVortes hat also begonnen, und der Chronist selbst, obgleich er
über die Hgrosse Irloflahrt" klagt, legt doch augenscheinlich
Werth darauf und kann sich nicht enthalten, Einzelnes "gar
zierlich" oder „gar fröhlich" zu finden. Es ist nicht nöthig,
diesen Veränderungen im Einzelnen nachzugehen, da sie alle,
obgleich unter einander abweichend, doch im Gegensatze gegen
die bisherige Tracht das mit einander gemein haben, dass an die
Stelle der weiten und meistens langen, oberhalb der Hüften
durch einen Gürtel zusammengehaltenen Tnnica jetzt nach dem
Körper zugeschnittene Kleider treten. Das Wams bezeichnet
durch seinen Schnitt die Taille; Aermel und Beinkleider sind
enganliegend. Auch die Mäntel, die bisher nur aus einem gerad-
winkeligen Stücke bestanden, das über der Brust zusammenge-
halten wurde, erhielten einen künstlicheren Schnitt, sie Wurden
am Halse eng, unten Weit gemacht, so dass sie den Körper voll-
ständig verhüllten und ringsumher weit abstanden , weshalb man
sie statt ihres gewöhnlichen Namens H oike auch Glocken
nannte. Es kam dadurch ein pikanter und charakteristischer Ge-
gensatz in die Bekleidung; denn Während bisher wie in der an-
Vergl. als
deutsche Trachten-
neueste, erzählende Behandlung des Gegenstandes: Die
und Modenwelt, von Jacob Falke. 1- Bd- Leipzig 1858.